Einwanderungsgesetz in Frankreich: Macrons Spiel mit dem Feuer
Das Verfassungsgericht kippt Teile des Einwanderungsgesetzes. Das Urteil lässt die Regierung schlecht aussehen.
I ndem er wesentliche Teile eines sehr rechtslastigen Einwanderungsgesetzes für ungültig erklärt hat, hat der französische Verfassungsrat bloß seine Aufgabe erfüllt. Zwar kommt immer wieder vor, dass diese höchste Instanz zum Schutz der Grundwerte der Republik das Eine oder Andere an einer verabschiedeten Vorlage bemängeln muss. Dieses Mal aber hatten die neun Mitglieder des Conseil constitutionnel unter Leitung des ehemaligen sozialistischen Premierministers Laurent Fabius viel Arbeit. Nach eingehender verfassungsrechtlicher Prüfung haben sie mehr als 30 von 86 Artikeln verworfen.
Fabius hatte im Voraus protestiert, es sei nicht die Rolle seines Gremiums, nachträglich eine schludrige Arbeit des Parlaments und der Regierung zu korrigieren oder wie eine „Berufungsinstanz“ auf einen Fehlentscheid zurückzukommen. Genau das aber hat Staatspräsident Emmanuel Macron vom Verfassungsrat erwartet. Er wusste, dass vieles, was mit seiner Duldung verabschiedet worden war, von Anfang an verfassungswidrig war.
Dennoch hat er es zugelassen, dass sich die Abgeordneten der Rechten und extremen Rechten mit ihren ausländerfeindlichen Vorschlägen geradezu überboten. Das Ergebnis war ein Gesetz, das weitgehend das Wahlprogramm des rechtsextremen Rassemblement national kopierte.
Im Nachhinein kann man vielleicht sagen, es sei jetzt dank der Akribie der Verfassungshüter noch mal einigermaßen glimpflich ausgegangen. Aber Macron hat mit dem Feuer gespielt, als er die xenophoben Zauberlehrlinge im Parlament so sorglos gewähren ließ. Es war nicht nur Taktik, sondern eine politische Schwäche, die ihn dabei leitete: Er verfügt nicht über eine stabile Mehrheit in der Nationalversammlung. Damit seine Regierung nicht handlungsunfähig wird, umwirbt er immer skrupelloser die Rechte.
Im Fall der Debatte über das Einwanderungsgesetz hat er eine rote Linie überschritten und ungeniert die Unterstützung auch der extremen Rechten akzeptiert. Dass der Verfassungsrat ihm nun dafür die rote Karte zeigt, ist verdient.
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