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Einschüchterung durch RechteDrohungen im Netz, Kleber an der Tür

Hackerangriffe und nächtliche Besuche: Rechte attackieren ihre Gegner. Die Amadeu Antonio Stiftung will sich nun wehren.

Will Hassbotschaften nicht hinnehmen: Bundesjustizminister Heiko Maas Foto: dpa

BERLIN taz | Am Ende standen Aktivisten der rechten „Identitären“ nachts vor dem Büro der Amadeu Antonio Stiftung in Berlin. Die Tür der Demokratieförderer verklebten sie mit Paketband, daneben pappten sie Sticker mit dem Emblem des ehemaligen DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Zurück ließen sie ein Flugblatt. Die „Gedankenpolizei“ säße hier, „totalitäre Ideologen“. Es folgte der Aufruf: „Wehr dich!“

Die Aktion ist kein Einzelfall. Immer stärker erleben derzeit Engagierte gegen Rechtspopulisten und Neonazis Bedrohungen aus dem Lager ihrer Gegner. Und immer konzentrierter gehen die Anhänger von AfD, Pegida oder noch rechteren Gruppen dabei vor.

In deren Fokus steht vor allem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Der hatte sich wiederholt deutlich gegen Pegida und AfD ausgesprochen. Die Adressierten schmähen ihn seitdem als „Gesinnungsminister“. Pegida-Anführer Lutz Bachmann verglich Maas mit NS-Propagandachef Joseph Goebbels.

Die Wut verstärkte sich noch, als Maas im Oktober 2015 eine Task Force „gegen Hassbotschaften im Internet“ initiierte. Dazu gehört neben Facebook, Google und Twitter auch die Amadeu Antonio Stiftung, die sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagiert. Dort wird vor allem die Vorsitzende Anetta Kahane als „Denunziantin“ attackiert – garniert mit dem Verweis auf ihre Tätigkeit als Inoffizielle Mitarbeiterin der Stasi in der DDR von 1974 bis 1982.

„Expertin für Verrat“

Die Kampagne gegen Kahane wurde auch durch AfD-Anhänger verbreitet und reichte bis zu Morddrohungen. Der Rechtsaußen-Autor Akif Pirincci nannte sie eine „Expertin für Verrat“, die Leute „ins Kittchen“ bringe, deren Meinung der Regierung nicht passe.

Wir müssen die Radikalisierung stoppen

Justizminister Heiko Maas (SPD)

Dabei blieb es nicht. Mitte Februar legte ein rechter Ableger des Hackernetzwerks Anonymous mit Netzattacken für eine Stunde die Server des Justizministeriums, einiger Parteien und der Antonio-Stiftung lahm. Vor einer Woche dann schlugen die Identitären vor der Stiftung auf. Im Internet wurden danach Namen von Mitarbeitern veröffentlicht, dazu der Verweis: „Alles Weitere ergibt sich selbst.“ Die weit rechten Identitären sorgten zuletzt für einen Eklat, als sie in Wien eine Theateraufführung von Elfriede Jelinek über Flüchtlinge stürmten, Kunstblut verspritzten und „Multikulti tötet“ skandierten.

Betroffene wollen sich wehren

Kahane kündigte am Montag ab sofort rechtliche Schritte an. „Wir lassen uns das nicht mehr gefallen.“ Sie habe ihre IM-Vergangenheit stets öffentlich gemacht und nie beschönigt, sagte Kahane. Ein Gutachten von Helmut Müller-Enbergs, Referent beim Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, hatte jüngst konstatiert, dass ihre damaligen Meldungen keine Personen beschädigt hätten. Dennoch, so Kahane, werde inzwischen eine „ganze Bewegung diffamiert, die sich gegen den ausufernden Hass gegen Minderheiten im Netz engagiert“.

Ihre Stiftung setzte bereits eine Unterlassungsverfügung gegen das rechte Compact-Magazin durch. Auch Maas’ Staatssekretär Gerd Billen kündigte am Montag an: „Wenn Stiftungen wegen ihres Engagements gegen rechte Gewalt diffamiert und bedroht werden, dürfen wir das nicht tatenlos hinnehmen.“ Erst im März hatte Maas auf einem Anti-Rechtsextremismus-Gipfel eine stärkere Bekämpfung von Hassbotschaften im Internet vereinbart. „Die Hemmschwellen sinken immer weiter“, sagte Maas. „Wir müssen die Radikalisierung stoppen.“

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5 Kommentare

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  • 'Sie habe ihre IM-Vergangenheit stets öffentlich gemacht und nie beschönigt'

    Macht es das besser? Auf jeden Fall scheint es passend das jemand mit eine 8 jährige Erfahrung als IM bei der Stasi jetzt diesen Job inne hat und urteilen darf über anderen ihre Gesinnung.

  • Mir fällt auf: Wenn von „Einschüchterungen“ und „Drohungen“ die Rede ist, vergessen die Autoren niemals, den Bezug auf „Rechts“ herzustellen. Wahrscheinlich soll der Leser gar nicht erst auf die Idee kommen, in linken Kreisen gäbe es auch sowas.

     

    Ausgerechnet Linken-Spitzenmann Bodo Ramelow lieferte den Gegenbeweis, indem er die für Himmelfahrt geplante Antifa-Demo im Dorf des AfD-Landeschefs Björn Höcke „scharf verurteilte“ und schrieb: „vor Privathäusern von Politikern zu demonstrieren gehe gar nicht – egal von wem und gegen wen“. (TAZ berichtete gestern darüber: http://www.taz.de/Ministerpraesident-Ramelow-vs.-Antifa/!5298400/).

     

    Herr Ramelow wusste wohl nicht, dass solche Aktionen, wenn sie von „Linken“ veranstaltet werden, nicht etwa als „Einschüchterung“ und „Drohung“ zu verurteilen, sondern als „antifaschistische“ oder gar „revolutionäre“ Taten gutzuheißen sind?!

  • Wir müssen im Auge behalten, dass der Aufstieg der Rechtspopulisten damit zusammenhängt, dass die Finanzkrise von 2008 und die Eurokrise danach immer noch weit davon entfernt ist, wirklich gelöst zu sein. In den letzten 150 Jahren haben Bankenkrisen immer die politische Rechte nach oben gespült. Einfache Rezessionen ohne Bankencrash hatten nicht solche desaströsen Folgen. Wir müssen die Banken regulieren, sonst kriegen wir den nationalistischen Geist nicht wieder in seine Flasche zurück!

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/aufstieg-der-rechtspopulisten-liegt-an-der-finanzkrise-kolumne-a-1087139.html

  • kein Mensch wird als Rassist geboren, oder auch anders,- das Sein bestimmt das Bewusstsein. Die Einstellung vieler Bürger gegenüber Fremden ist unerträglich. Aber warum? Was ist passiert? Wenn man von den möglichen Ursachen her denkt, reicht es nicht, sich in einfachen Zuschreibungen und Abgrenzungsorgien ein besseres Selbstwertgefühl zu verschaffen. Das ist unredlich und billig. Die wahren Gründe des empathischen Totalversagens gegenüber dem Fremden liegen zweifelsfrei in der Tatsache, dass der ausbeutbare Mensch im Neoliberalismus als Kostenstelle für Rentabilitätswahn und Kapitalmaximierung keine menschlichen Zuschreibungen erfährt. Hier offenbart sich der Rassismus der Reichen und Mächtigen gegenüber den Armen und Ausgelieferten. Der gedemütigte und missbrauchte Mensch wird stumpf gegenüber dem Leid seiner Mitmenschen. Wer wirklich Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalität bekämpfen möchte, wendet sich gegen den Zynismus „gutbürgerlicher“ Schreibtischtäter, welche sich im Status Quo gut aufgehoben fühlen. Herr Maas nicht ausgenommen.

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    In diesem Land ist kein Platz für reinrassige Deutsche mit Massenmörderhintergrund.