Einschränkungen für Geflüchtete: Pro Asyl rügt Leistungskürzungen
Die Ampel will das „Sicherheitspaket“ zur Fluchtmigration schnell in den Bundestag einbringen. Verschlechterungen für Dublin-Flüchtlinge geplant.
Die Ampel will unter anderem die Leistungen für Asylbewerber:innen streichen, für deren Verfahren ein anderer europäischer Staat nach der Dublin-Regelung zuständig ist und der einer Rücknahme der Betroffenen zugestimmt hat. Sie will Flüchtlinge, die eine Straftat mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begangen haben, einfacher ausweisen. Migrant:innen, die Straftaten begehen, sollen leichter vom Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden können. Seinen Schutzstatus soll auch verlieren, wer ohne einen triftigen Grund in sein Heimatland zurückkehrt, etwa für einen Urlaub. Zur Erhöhung der Sicherheit ist vorgesehen, den Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter einzuschränken.
„Wir haben geliefert“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Wochenende in Berlin mit Blick auf den Gesetzentwurf, der nur gut eine Woche nach der Ankündigung des Sicherheitspakets fertig wurde. Die Ampelkoalition will das Gesetz schnell durch den Bundestag bringen und damit noch vor der Landtagswahl am 22. September in Brandenburg Handlungsfähigkeit signalisieren.
Die Art des Verfahrens beschleunigt die Neuregelungen: Der Gesetzentwurf aus dem Innenministerium ging als Formulierungshilfe an die drei Ampelfraktionen. Diese übernehmen solche Formulierungshilfen üblicherweise und bringen sie dann als eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag. Nach dem Grundgesetz müssen Vorlagen der Bundesregierung zunächst dem Bundesrat zugeleitet werden. Dieser Schritt entfällt aber bei Vorlagen von Fraktionen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hält eine erste Beratung der Neuregelungen im Bundestag schon in dieser Woche für möglich.
„Perfide Abschreckungspolitik“
Die Lobbyorganisation für Geflüchtete, Pro Asyl, zeigte sich unterdessen „entsetzt“ über die rasche Konkretisierung des Sicherheitspakets. Pro Asyl ging in einer Erklärung vor allem auf die geplanten Leistungskürzungen für Asylbewerber:innen ein, die über einen anderen EU-Staat eingereist sind und deren Rücknahme dieser Staat zugestimmt hat.
Eine Leistungskürzung auf null für diese Gruppe sei „der Versuch einer perfiden Abschreckungspolitik“, kommentierte Wiebke Judith von Pro Asyl. „Landen Asylsuchende nach der Dublin-Ablehnung nun auf der Straße?“ Mit einem kompletten Leistungsausschluss für Dublin-Fälle verstoße die Bundesregierung sehenden Auges gegen das Grundgesetz, hieß es in dem Pro-Asyl-Papier. Zudem scheiterten die meisten Dublin-Überstellungen an den anderen Mitgliedstaaten oder den deutschen Behörden, auch nach der Zustimmung des entsprechenden Mitgliedstaates, erklärte Pro Asyl.
Die Organisation verwies auf Zahlen aus einer kleinen Anfrage der Linken, nach der es im Jahre 2022 rund 69.000 Übernahmeersuchen Deutschlands gab und rund 36.000 Zustimmungen anderer Staaten zur Rücknahme dieser Geflüchteten. Aber nur rund 4.160 Geflüchtete wurden tatsächlich in das EU-Land, in das sie eingereist waren, wieder zurückgebracht. Mehrfach verhinderten Gerichte die Überstellungen wegen erheblicher Mängel in Asyl- oder Aufnahmesystemen anderer Länder oder individueller Gründe.
Die Union will es noch härter
Die CDU/CSU-Opposition hat indessen bereits bei der Präsentation des Sicherheitspaketes Ende August deutlich gemacht, dass sie die darin vorgeschlagenen Maßnahmen für nicht ausreichend hält. CDU-Chef Friedrich Merz verlangt als Voraussetzung für eine Teilnahme der Union an einem weiteren Migrationsgespräch, dass die Ampel der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze zustimmt (siehe Text rechte Seite).
Für Unmut sorgte eine Mitteilung des niedersächsischen Innenministeriums in der Welt am Sonntag, nach der einige Nicht-EU-Länder, darunter Äthiopien, Somalia, Iran, Jordanien und China, Geflüchtete nur dann zurücknehmen wollen, wenn diese unterschrieben haben, dass sie freiwillig zurückkehren. Damit bürdeten diese Staaten ihre Probleme den europäischen Staaten auf, kritisierte CDU-Innenpolitiker Detlef Seif.
In der Debatte über Abschiebungen zeigt sich der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), unterdessen offen für Gespräche mit den in Afghanistan herrschenden Taliban. „Unverbindliche Sondierungsgespräche könnten eine Option sein“, sagte Stamp der Welt am Sonntag. Der FDP-Politiker mahnte zwar, die Möglichkeit eines direkten Austauschs „sorgsam abzuwägen“. Deutschland habe aber „ein ernsthaftes Rückführungsinteresse“. (mit dpa, epd)
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