Einigung zwischen Fatah und Hamas: Ein Schritt voran für die Palästinenser
Seit zehn Jahren sind Fatah und Hamas zerstritten. Nun kooperieren die Organisationen wieder. Der militärische Hamas-Arm wird nicht entwaffnet.
Das Neue
Die erste Verhandlungsrunde auf dem Weg zur Versöhnung ist überstanden: Vertreter der palästinensischen Parteien Fatah und Hamas haben am Donnerstag in Kairo ein Abkommen unterzeichnet, das den zehn Jahre andauernden Konflikt beenden soll. Die – von der Regierung in Ägypten vermittelten – zweitägigen Gespräche unter Ausschluss der Öffentlichkeit konzentrierten sich auf Sicherheitsregelungen am Grenzübergang nach Ägypten und auf Verwaltungsfragen: 3.000 Fatah-nahe Sicherheitsbeamte sollen, wie aus Kairo verlautete, innerhalb der kommenden zwei Wochen erneut ihre Arbeit im Gazastreifen aufnehmen. Dazu gehört die Präsidentschaftsgarde, die an der Grenze in Rafah die Kontrolle übernehmen soll. Geplant ist auch die jüngsten Sanktionen aufzuheben, die Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gegen den Gazastreifen verhängt hatte. Die Kassam-Brigaden, militärischer Flügel der Hamas, werden zunächst nicht entwaffnet.
Der Kontext
Es ist nicht der erste Versuch, die palästinensische Spaltung – zwischen Fatah und Hamas, zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen – zu überwinden. Aber so nahe kamen sich die Konfliktparteien noch nie. Ägyptens Regierung übt massiven Druck auf beide Parteien aus. Die Hamas ist auf den guten Willen Kairos angewiesen: Solange Israel die Blockade über den Gazastreifen beibehält, ist der Grenzübergang in Rafah die einzige Verbindung zum Rest der Welt. Nachdem Abbas im Juli neue Sanktionen verhängte, unter anderem die Beamtengehälter reduzierte und die Zahlungen für Strom aussetzte, hat sich die Not der Menschen im Gazastreifen weiter verstärkt. Auch UN und EU drängen aus Sorge vor einer katastrophalen Entwicklung in Gesundheitswesen und Umwelt auf eine Lösung des Konflikts und auf eine schrittweise Öffnung des Gazastreifens.
Die Reaktionen
Israels Regierung hat die innerpalästinensischen Verhandlungen aktuell nicht kommentiert. In der Vergangenheit hat sie jedoch erklärt, Friedensgespräche mit einer palästinensischen Einheitsregierung, der auch die Hamas angehöre, stünden außer Frage. Die israelische Parlamentarierin Ksenia Svetlova von der oppositionellen Arbeitspartei verbindet den Aussöhnungsprozess jedoch mit der Hoffnung, dieser könne zu einer Entwaffnung der Hamas führen. Für Israel sei einzig entscheidend, „wer für die Grenzkontrollen zuständig ist, und wer die Waffengewalt hat“, erklärte Svetlova im Hörfunk.
Die Konsequenz
Innerhalb eines Monats will Palästinenserpräsident Mahmud Abbas selbst wieder in den Gazastreifen reisen. Für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten will er dann den Vorsitz einer Übergangsregierung innehaben, bis Neuwahlen abgehalten werden. Rund 30.000 Hamas-Beamte sollen von der Palästinensischen Autonomiebehörde übernommen werden, hieß es. Um ihre Gehälter aus dem kargen Budget zu finanzieren, wird Abbas beim bisherigen, der Fatah nahestehenden, Personal radikal einsparen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen