Einigung auf Teilprivatisierung der Bahn: SPD kapituliert
Der Koalitionsausschuss hat den Teilverkauf der Bahn abgesegnet - Garantien für die Zukunft konnte die SPD nicht durchsetzen. Steuerzahler müssen künftig wohl die Erträge der Investoren finanzieren.
Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Am Montagabend hatte sich die Koalition grundsätzlich auf die Teilprivatisierung der Bahn geeinigt, heute soll das Kabinett Eckpunkte beschließen. Am kommenden Dienstag dürfen dann noch die Abgeordneten von SPD und Union ihren Segen geben. Noch in diesem Jahr, so hofft Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, sollen 24,9 Prozent des Fern-, Nah- und Güterverkehrs privatisiert sein. Bis zu acht Milliarden Euro werden Investoren dafür bezahlen, glaubt er. Sollte der Markt eine solche Summe im Dezember allerdings nicht hergeben, "dann wird man vielleicht noch ein, zwei, drei Monate warten". Den größeren Teil des Geldes soll die DB für Infrastrukturmaßnahmen wie Lärmschutz erhalten, ein Drittel in den Bundeshaushalt fließen. Schienennetz, Bahnhöfe und die Energieversorgung sollen komplett im staatlichen Eigentum bleiben.
SPD-Politiker bemühen sich eifrig, zu versichern, dass private Investoren aufgrund der begrenzten Beteiligungsquote kein Mitspracherecht haben werden. Doch die CDU macht keinen Hehl aus ihrem Plan, dass sie längerfristig 49,9 Prozent des Personen- und Güterverkehrs verkaufen will. Weder Finanzminister Peer Steinbrück noch seinem Verkehrskollegen Tiefensee fällt dazu ein anderes Gegenmittel ein, als den Wählern zu raten, im Jahr 2009 ihr Kreuz bei der SPD zu machen.
Die Gewerkschaften versuchen unterdessen, grundsätzliche Änderungen bei der DB über einen neuen Tarifvertrag zu verhindern. Transnet und die Lokführergewerkschaft GDBA verkündeten am Freitag, sie hätten sich mit Bahnchef Hartmut Mehdorn geeinigt, dass es 15 Jahre lang keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde. Auch werde "kein Beschäftigter wegen der geplanten Kapitalbeteiligung Nachteile erleiden", versicherte Transnet-Chef Norbert Hansen. Mehdorn und seine Mannen schwiegen zu den Meldungen.
Experten gehen davon aus, dass der Erlös der Teilprivatisierung auf jeden Fall deutlich niedriger ausfallen dürfte, als von Tiefensee erhofft. Und warum sollten Investoren überhaupt ihr Geld abliefern, wenn sie keinerlei Einfluss auf die Unternehmenspolitik haben? Dafür könnte es nur zwei Gründe geben: Sie warten auf eine Regierung, bei der die CDU ohne die SPD entscheiden kann. Oder sie bekommen sie eine erkleckliche Rendite garantiert. Die aber kann die DB nicht allein erwirtschaften, wie eine kritische Bilanzanalyse belegt. Nur weil der größtenteils aus staatlichen Geldern finanzierte Nahverkehr viel zu viel für die Nutzung der Schienen zahlt, erscheint der Fernverkehr bisher einigermaßen rentabel. Folglich müsste der Steuerzahler künftig auch noch für die Erträge der Investoren aufkommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!