Eingabe von Zschäpe abgelehnt: Keine „Überraschungsentscheidung“
Die Anwälte der NSU-Terroristin sahen Zschäpes Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Dies wies der Bundesgerichtshof nun zurück.
Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verübte in den Jahren 2000 bis 2011 bundesweit zehn Morde (vor allem an türkischen Kleingewerbetreibenden). Das OLG München verurteilte Beate Zschäpe im Sommer 2018 hierfür als Mittäterin (Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten Suizid begangen). Im August diesen Jahres lehnte der Bundesgerichtshof Zschäpes Revision ab.
Eigentlich war die Verurteilung Zschäpes damit rechtskräftig. Doch noch im August erhob sie eine Anhörungsrüge beim BGH und im September dann auch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht Zschäpes Anwälte rügten jeweils, der BGH habe seine Rechtsprechung zur Mittäterschaft geändert. Früher habe das bloße Interesse am Taterfolg für eine Mittäterschaft nicht genügt. Durch diese „Überraschungsentscheidung“ sei der Anspruch Zschäpes auf rechtliches Gehör verletzt worden.
Der 3. Strafsenat des BGH hat die Rüge nun mit einem nur fünf-seitigen Beschluss trocken zurückgewiesen. Schon die Anklage des Generalbundesanwalts habe Zschäpe als Mittäterin eingestuft. Dazu habe ihre Verteidigung im Prozess umfangreich Stellung genommen. Der BGH sei auch weder von der Anklage noch von seiner bisheringen Rechtsprechung zur Mittäterschaft abgewichen. Zschäpe habe laut Revisionsbeschluss vom August nicht nur ein hohes Tatinteresse gehabt, sondern auch einen objektiven Tatbeitrag geleistet. Der BGH verwies dort auf Zschäpes „sinnstiftende“ Zusage, das Bekennervideo zu verbreiten und so den nationalsozialistisch-rassistischen Hintergrund der Mordserie offenzulegen.
Der BGH zeigt damit auf, dass Anhörungsrüge und Verfassungsbeschwerde im wesentlichen auf einer falschen Darstellung des BGH-Revisionsbeschlusses vom August beruhen. Auch die Verfassungsbeschwerde Zschäpes dürfte deshalb keine Aussicht auf Erfolg haben.
(Az.: 3 StR 441/20)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video