Einführung neuer Ausweise: Vietnam lenkt im Passstreit ein
Deutschland und andere EU-Länder hatten die von Vietnam neu eingeführten Pässe nicht anerkannt. Nun hat Hanoi eine Lösung gefunden.
Wie die taz berichtet hatte, hat Deutschland die neuartigen vietnamesischen Reisepässe, die seit dem 1. Juli an Vietnamesen ausgestellt werden, nicht anerkannt und Inhabern solcher Pässe das Einreisevisum verweigert. Auch Spanien und Tschechien hatten sich den deutschen Vorbehalten gegen die nicht biometrischen neuen Pässe angeschlossen, die meisten EU-Staaten prüfen noch.
Stein des Anstoßes: In den neuen Pässen fehlten Geburtsort und Geburtsland. Wegen der Namensgleichheit vieler Vietnamesen sind das wichtige Kriterien, um Personen voneinander zu unterscheiden. Nach Angaben des deutschen Auswärtigen Amts und des österreichischen Innenministeriums hatte Vietnam die neuen Passmuster nicht vor der Einführung anderen Staaten zur Prüfung vorgelegt. Das wäre internationaler Standard gewesen.
Am Mittwoch hatte Vietnams Premierminister Pham Minh Chinh ein Machtwort gesprochen. Er forderte den umstrittenen Innenminister To Lam auf, eine schnelle Lösung zu finden.
Die durch die Coronakrise ohnehin geschwächte Reisebranche Vietnams hatte protestiert. Viele wohlhabende Vietnamesen, die sich bei Krankheiten gern im Ausland behandeln lassen oder ihre Kinder zum Studium nach Europa schicken, waren beunruhigt. Auch die Entsendung junger Vietnamesen als Azubis nach Europa im neuen Ausbildungsjahr stand infrage. In Deutschland, wo Mangel an Ausbildungswilligen herrscht, lassen sich viele Vietnamesen als Pflegekräfte oder Hotelpersonal ausbilden.
Überwachungschip in neuen Pässen
Für Vietnams Innenminister To Lam war der neu eingeführte und schön anzusehende Pass eine Prestigefrage. Zu sehr hatte der innenpolitische Hardliner, der aus dem Geheimdienst kommt, damit geworben. Auf den Innenseiten der Pässe finden sich hübsche vietnamesische Landschaftsbilder. Jeder Vietnamese sollte mit dem Pass Botschafter des schönen Landes sein, hieß es. Zudem sind Chips in Vorbereitung, die in wenigen Monaten in die Pässe eingearbeitet werden sollen und die nach chinesischem Vorbild etwa Bewegungs- und Gesundheitsdaten erfassen können. Der Geheimdienst soll darauf zugreifen können.
Am Mittwochabend hatte der Innenminister, der bis dahin die neuen Pässe verteidigt und behauptet hatte, sie würden internationalen Standards genügen, nachgegeben, ohne sein Gesicht zu verlieren. Er musste die Pässe nicht zurückziehen, sondern soll ermöglichen, auf Wunsch der Passinhaber Geburtsort und Land zusätzlich einstempeln zu lassen.
Für vietnamesische Behörden ergeben sich diese Infos aus einer neuen zwölfstelligen Personenkennzahl, in der sich auch andere Daten verbergen. Um den Code zu entschlüsseln, muss man in Tabellen nachschauen, die sieben DIN-A4-Seiten füllen. Deutschland fand das nicht zumutbar. Allerdings teilen nicht alle Schengenstaaten diese Bedenken. Nach vietnamesischen Angaben hätte Frankreich die neuen Pässe anerkannt. Dass die Schengengruppe in Visafragen uneinheitlich handelt, kommt selten vor.
Für im Ausland lebende Vietnamesen hatte die Nichtanerkennung ihrer Pässe durch Deutschland, Spanien und Tschechien bereits Konsequenzen: Die Behörden dieser Länder verweigerten ihnen etwa Eheschließung oder die Meldung einer neuer Wohnanschrift. Deutsche Ausländerbehörden hatten den Aufenthaltstitel nicht mehr in die neuen Pässe gestempelt.
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