Einfluss von Google und Facebook: Jamaika ohne Agenda

Der US-Senat diskutiert über die Rolle von Facebook, Google und Twitter in der Russland-Affäre. Es geht um mehr, wie auch die deutsche Politik zeigt.

Armin Laschet und Christian Lindner

CDU-Politiker Armin Laschet (l.) und FDP-Chef Christian Lindner in einer Verhandlungspause Foto: dpa

Ganz überrascht gaben sich die Top-Juristen von Facebook, Google und Twitter vor dem US-Senat. Am Dienstag und Mittwoch wurden sie geladen, um Licht in die Russland-Affäre zu bringen. Wie groß war denn nun der russische Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen?

Konkret ging es in der Anhörung um Anzeigen und Fakeaccounts, die von Russland aus geschaltet wurden, um die politische Stimmung massiv zu beeinflussen. So tauchten während des Wahlkampfs zum Beispiel auf Facebook „Nieder mit Hillary“-Anzeigen auf und Anzeigen, in denen die Schwarze Bevölkerung aufgerufen wird, sich mit Waffen gegen weiße Unterdrückung zu wehren.

Nur Luftballons

Mit den Anzeigen wurden mehr als 126 Millionen User in den USA erreicht. Die Vertreter der drei Unternehmen sagten nun diese Woche, dass sie eine solche Einflussnahme nicht für möglich gehalten hätten, aber dass jetzt alles besser werden würde. Man wolle mehr Geld investieren – rhetorisches Luftballonaufblasen.

Es geht in dieser Frage um viel mehr als um Russland und Trump. Wie können Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden, für die Technik, die sie erfinden? Es geht um den Diskurs-Dreiklang, der uns derzeit wohl am meisten beschäftigt: Fake News, Hate Speech, Filterbubble. Falschmeldungen, die sich rasant verbreiten. Hass und Hetze, die im Netz geschürt werden, oft technisch durch Roboter verstärkt. Und Echokammern, die es fast unmöglich machen, eine gesellschaftliche Stimmung zu identifizieren, weil man im Netz oft nur die Stimmen all jener hört, die sagen, was man selbst denkt. Alles Symptome eines massiven gesellschaftlichen Umbruchs, in dem wir mitten drin stecken.

Dieses Thema müsste eigentlich ganz oben auf der Agenda der Jamaika-Sondierungen stehen. Jetzt müssen die Weichen gestellt werden für eine netzpolitische Agenda der kommenden vier Jahre – in Deutschland sowie auf EU-Ebene. Da sollte sich doch etwas machen lassen. Schließlich wurde Angela Merkel vom Forbes-Magazin zum siebten Mal in Folge zur mächtigsten Frau der Welt gekürt.

Maas und seine Mission

Hasspostings löschen, automatisch geschaltete Anzeigen überprüfen, Algorithmen transparent machen – wenn von gesellschaftlicher oder politischer Seite Forderungen an Google, Facebook oder Twitter herangetragen werden, heißt es oft: Na ja, das dauert, das kostet und ist technisch kaum umsetzbar.

Doch das eigentliche Wirkungsprinzip ist ein anderes: Wer Geld bezahlt, bekommt Platz. Und wo sich viele Menschen tummeln, kann man gut Anzeigen verkaufen. Wenn es um die eigenen unternehmerischen Interessen geht, gibt es in der Regel keine Hürden.

Jetzt müssen Weichen her für eine netzpolitische Agenda

Deshalb stellt sich die Frage: Wer übernimmt in der nächsten Bundesregierung Heiko Maas’ Mission? Seit 1. Oktober gilt das NetzDG, mit dem Maas die Unternehmen dazu bewegen will, schneller strafrechtlich relevante Inhalte zu löschen. Belächelt wurde er dafür und inhaltlich massiv kritisiert. Das Gesetz sei ein Eingriff in die Grundrechte.

Was Maas richtig erkannt hat: Demokratische Grundwerte müssen gegen unternehmerische Interessen durchgesetzt werden. Face your enemy, könnte man sagen.

Am Montag stand das Thema Digitalisierung auf der Jamaika-Tagesordnung. Festgehalten wurde allerdings nur: „Umsetzung der Diskriminierungsverbote in der analogen Welt auch in der digitalen Welt der Algorithmen“. Solange man nicht benennt, worum es wirklich geht, kann politisches Handeln nicht wirksam werden. Es reicht nicht zu sagen: Wir sind gegen Diskriminierung. Denn das ist auch nicht mehr als ein rhetorischer Luftballon.

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