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DIE DREI FRAGEZEICHEN„Einfach mal Nein sagen“

Foto: privat

HALLO? Der Blogger Jürgen Vielmeier hat beim Hagebaumarkt angerufen und wurde persönlich begrüßt – obwohl er dort noch nie eingekauft hat.

taz: Herr Vielmeier, woher kannte der Mitarbeiter beim Hagebau-Kundencenter Ihren Namen? Sie haben dort noch nie eingekauft.

Jürgen Vielmeier: Ich habe ein Kundenkonto auf Otto.de. Das Callcenter, das ich angerufen habe, nennt sich Baumarkt Direkt und betreut neben Hagebau auch Otto.de, weil beide Firmen Töchterunternehmen der Otto Group sind. Otto.de hat meine Daten an das Callcenter und somit indirekt an Hagebau weitergegeben, meinen Namen, mein Geburtsdatum, meine Telefonnummer und meine Adresse. Das sind zumindest die Daten, von denen ich jetzt weiß, dass sie an das Callcenter weitergegeben wurden. Damals wusste ich das nicht. Beunruhigend ist auch ein Blick auf die Website der Otto Group: Mehrere Dutzend Unternehmen im In- und Ausland gehören dazu, darunter Finanzinstitute, der Paketdienst Hermes und – was vielen Verbrauchern sicherlich nicht klar ist – ehemalige Konkurrenten wie Quelle, Neckermann und Baur. Ich finde das moralisch fragwürdig. Otto gibt Daten intern an Unternehmenstöchter weiter, von denen viele Kunden gar nicht wissen, dass sie etwas mit Otto zu tun haben. Demnächst begrüßt einen vielleicht der Quelle-Service mit Namen, weil man mal etwas bei Neckermann gekauft hat.

Ist das legal?

Ich kann das nicht beurteilen, mein Anwalt sagt, das verstößt gegen das Datenschutzrecht. Seiner Meinung nach sind auch konzernverbundene Unternehmen dritte Unternehmen. Und eine Weitergabe von Daten an Dritte ist nicht erlaubt. Das bedeutet, wenn ich ein Konzern bin, so wie Otto, und ich hab auch Neckermann und Quelle in meiner Gruppe, dann darf ich meine Daten nicht an Neckermann und Quelle weitergeben. Wollten Otto.de und andere Onlineshops das Datenschutzrecht genau einhalten, ist eine Einwilligung der Verbraucher nötig. So etwas wie eine Checkbox, in der man bestätigen muss: „Ich bin damit einverstanden, dass Otto meine persönlichen Daten speichert und weitergibt“.

Hat diese Erfahrung dazu geführt, dass Sie jetzt anders online einkaufen?

Ich schau jetzt genauer hin. Und das würde ich den Leuten auch raten: einfach mal Nein sagen, wenn die zu viel wissen wollen. Wichtig ist auch zu wissen, dass man der Datenweitergabe jederzeit, auch im Nachhinein widersprechen kann.

Interview Katharina Liposwky

Jürgen Vielmeier ist freier ­Technikjournalist und Blogger in Bonn. Er leitet den Euronics Trendblog.

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