Eine Studie zum Kotti: Mitbestimmen am Brennpunkt
Die Initiative Kotti&Co befragte für eine Studie die Mieterschaft am Kottbusser Tor zu nachbarschaftlichem Engagement. Ergebnisse werden heute vorgestellt.
Nicht nur Rekommunalisierung, sondern auch Mitbestimmung: Die Kreuzberger Initiative Kotti&Co nennt diese Verbindung Rekommunalisierung Plus. Schon seit 2012 fordert die Gruppe nicht nur den Rückkauf der Häuser am Kottbusser Tor, sondern auch die Einführung starker Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Mieterinnen und Mieter. Nur dadurch, so die Argumentation der Initiative, könnten die Interessen dauerhaft gewahrt und die Mieterschaft beispielsweise vor einer Reprivatisierung geschützt werden.
Um herauszufinden, inwiefern diese Forderung auch in der Nachbarschaft geteilt wird, hat die Initiative in diesem Jahr eine Studie vorangetrieben, deren Ergebnisse am Freitagabend vorgestellt werden und der taz bereits vorliegen.
Die zentrale Erkenntnis lautet: Nicht nur ist ein Viertel der befragten MieterInnen bereits für die Nachbarschaft aktiv, mehr als die Hälfte gibt an, sich gern für nachbarschaftliche Belange einbringen zu wollen. Lediglich ein Viertel gibt an, sich lieber nicht engagieren zu wollen. Für die Studie wurden sowohl Fragebögen an alle Haushalte verteilt als auch längere Interviews geführt.
Das Ergebnis passt wenig zum oft kolportierten Bild des Kottbusser Tors als Problemgebiet
Das Ergebnis ist bemerkenswert, weil es wenig zum oft kolportierten Bild des Kottbusser Tors als Problemgebiet passt. Und weil es widerlegt, was oft über nachbarschaftliches Engagement und Mitbestimmung behauptet wird: dass es sich dabei um Forderungen einer radikalen Minderheit sowie um Privilegien derjenigen handele, die Geld und Zeit mitbringen.
„Wir wollten mit der Studie zeigen, dass unsere Forderung nach Mitbestimmung geteilt wird“, sagt Matthias Clausen, einer der Autoren der Studie und Mitglied bei Kotti&Co. „Aber dass die Ergebnisse so eindeutig sein würden, hat uns selbst überrascht.“
Gefördert wurde die Studie, vom Land Berlin. In ihrem Koalitionsvertrag hatte die rot-rot-grüne Regierung 2016 ihre Unterstützung für „Modellprojekte für selbstverwaltete Mietergenossenschaften, wie am Falkenhagener Feld und am Kottbusser Tor angedacht“ festgehalten.
„Es wird überzeugend dargelegt, dass die Verbindung von Rekommunalisierung mit Selbstverwaltung kein reiner Selbstzweck oder nur ein weiteres Partikularinteresse ‚lauter‘ Minderheiten ist“, kommentiert die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke) das Ergebnis der Studie in einem Vorwort. Auf der Suche nach Wegen für eine „Demokratisierung des Wohnens“ stehe Berlin noch am Anfang, weshalb sie der Diskussion „mit Interesse und Vorfreude“ entgegensehe.