Eine Runde Yin Yoga: Und jetzt der herabschauende Köter
Unsere Kolumnistin mag keinen Sport, hat aber eine Yogalehrerin als Schwester, ein 69 Euro-Abo und teure Yoga-Pants. Zeit zum Fläzen und Flennen.
H eute Abend ist es wieder so weit. Ich will mir etwas Gutes tun. Dieses Mal nicht mit Rotwein und Remmidemmi, sondern mit Yoga. Der Selbsterhaltungstrieb taucht ja nur alle heiligen Zeiten mal auf und dann muss man ihn festhalten, solange er noch warm ist. Leider hat er mit seiner Standpauke zum ungesunden Lebensstil auch den Herrn Schweinehund aufgeweckt, der mir jetzt vorjault: „Bin müde, hab Kopfweh, blabla…“
Bei so viel innerlichem Theater frage ich mich schon manchmal, ob es nicht gesünder wäre, gänzlich auf Sport zu verzichten. Doch auch dieser Luxuskörper will gefördert und gefordert werden – Props gehen raus an Gerd Schröder! Also streife ich ihm meine kürzlich erschnorrten Lululemon-Leggings über und besteche ihn mit „Wenn du jetzt brav den herabschauenden Köter machst, darfst du später auch Ali Wong gucken“.
Nur damit nicht nachher die Tierschutzpartei ankommt: Ich zwinge meinen Haus-und-Hof-Wauwau natürlich nicht zu Jivamukti-Yoga, wo zu den Teilnahmevoraussetzungen neben einem Diplom in Breakdance mindestens ein Man Bun und zwei BMI von 17,6 gehören. Das wäre auch etwas unfair bei zwei „Armen“, die nicht mal eine einzige Liegestütze sauber ausführen können.
Von Bauhaus-Buddas und abgestandem Yogitee
Ihr seht schon, Sport ist nicht so meins. Dafür habe ich eine Schwester. Sie ist die beste Yogalehrerin, die ich kenne. Gut, vielleicht bin ich da biased, aber trotzdem ist dies der ernstgemeinteste Satz im ganzen Text. Denn eine Yogalehrerin kann sehr viel falsch machen, habe ich bei diversen Probestunden festgestellt.
Sie kann (Ex-)Model sein und fürchterlich mit ihren Gummibändern angeben. Sie kann mit ihren Räucherstäbchen die Feinstaubbelastung einer mittleren Großstadt fabrizieren und beim Shavasana („Endentspannung“ [sic!]) so intensiv auf der Klangschale herumreiben, dass der Katastrophenschutzalarm nichts dagegen ist. Dann die vielen Halswirbelsäulensyndrom-Verschlimmerungen, die Bauhaus-Buddhas und viel zu grellen Shivas an den Wänden, die bodentiefen Fenster für die Schaulustigen, der abgestandene Yogitee – und fast überall Makramee!
Okay, ich bin ästhetisch engstirnig, kompetitiv und entspanne mich nur selten. Deshalb mache ich den Scheiß ja, nur wäre es dann halt auch ganz schön, wenn etwas dabei rumkommt. Immerhin zahle ich 69 Euro im Monat dafür, dass ich endlich so unkaputtbar werde wie mein Wärmekissen. Selbst wenn es kurz mal Feuer fängt, bleibt es dauerhaft einsatzbereit. Doch die Stimmung in vielen Yogastudios ist eher so: Hmpf. Aus diesem Grund bin ich auch irgendwann zum Yin Yoga übergelaufen, wo man im Prinzip nur auf irgendwelchen Kissen rumfläzt und flennt.
„Jetzt lasst mal alles von euch abprallen“, sagt die Lehrerin und wir fünf Frauen und der traurige Informatikstudent atmen laut aus. Draußen brüllt ein Besoffener, es schrillt. „Das ist nur die Türklingel“, erläutert die Lehrerin mit passiv-aggressivem Unterton. „Die lassen wir jetzt mal läuten …“ Dann öffnet sie den beiden Zuspätkommerinnen doch. Sie reihen sich nichts ahnend in unsere Tierscharade ein. Bei der Verabschiedung aber ist Schlachteplatte angesagt. „Ihr könnt doch nicht einfach Sturm klingeln!“, schimpft die Lehrerin auf sie ein. Was darauf folgt ist ein Wutschwall viel zu lange weggeatmeter Emotionen, für den ich vollstes Verständnis habe. Go Girls!, denke ich und hoffe auf eine dicke, fette Kissenschlacht.
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