Eine Hotline für verängstigte Weiße: Keine Gefahr, aber Rassismus
Weiße in Amerika rufen oft die Polizei, um Schwarze zu melden, die nichts verbrochen haben. Für sie hat die „New York Times“ eine Hotline eingerichtet.
Damit Weiße nicht mehr die Polizei rufen müssen, um PoC zu melden, die ihren Alltag verrichten, hat die New York Times eine Hotline für Notrufe der oben beschriebenen Art eingerichtet: 1-844-WYT-FEAR. Beworben wird sie mit einem Video in Form einer satirischen Teleshopping-Sendung, die anmutet, als sei sie aus den Neunzigern. „Ich möchte Ihnen ein brandneues Produkt vorstellen“, sagt Schauspielerin Niecy Nash darin, „das Ihnen all die Sorgen nehmen wird, gefilmt und als rassistischer Depp geoutet zu werden.“
Denn dass Weiße die Polizei rufen und Schwarze beim Erledigen ihres Alltags melden, ist keine Seltenheit. Von 39 Fällen aus dem Jahr 2018 berichtet die New York Times. Durch rassistische Vorurteile geschürte Ängste liegen so tief in der Gesellschaft, dass Unschuldige durch ihre Mitbürger:innen vorverurteilt werden, schwarze Opfer von Polizeigewalt, dabei oft sogar erschossen werden. Was bedeutet: Wer die Nummer wählt, ist selbst vielleicht nicht in Gefahr – gefährdet aber die zu Unrecht gemeldete Person.
Es ist ebenfalls keine Seltenheit, dass die Situationen gefilmt und in Online-Netzwerken verbreitet werden. So machte zum Beispiel das Video von einer jetzt als „Permit Patty“ bekannten Frau die Runde, die die Polizeidurchwahl 911 wählte, weil ein schwarzes Mädchen am Straßenrand Wasser verkaufte. Oder das eines Mannes, der die Polizei wegen eines verdächtigen Coupons rief. Das Internet nennt ihn „Coupon Carl“.
Was aber passiert, wenn man diese Nummer anruft? „Wir sind hier, um Ihre dringenden Bedürfnisse über schwarze oder braune Menschen, die neben Ihnen Ihr Leben leben, anzunehmen“, sagt eine Stimme. Darauf folgen einige Wahlmöglichkeiten: Handelt es sich bei der Gefahr um ein Wasser verkaufendes Kind? Oder eine Person, die auf ihre Begleitung wartet?
Egal, was die oder der Anrufende wählt, am Ende lernt er oder sie: „Durch deine Antwort konnten wir feststellen, dass du dich nicht wirklich in Gefahr befindest, sondern wahrscheinlich nur ein Rassist bist.“ Gefolgt von dem Ratschlag, das Handy einfach wegzulegen und mit dem Alltag weiterzumachen – ohne die Polizei zu rufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
US-Präsidentschaftswahlen
Warum wählen sie Trump?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala