Eine Handreichung zu den Feierlichkeiten: Auf ins antifaschistische Weihnachtsfest
Die Feiertage stehen an! Das bedeutet wieder einen Haufen politischer Diskussionen in Familie und Freundeskreis. Unser Kolumnist hat da was für Sie.
Z wei Wochen noch sind es bis Weihnachten. Und weil es meine letzte Kolumne für dieses Jahr ist, möchte ich eine Art Serviceleistung erbringen – als Geschenk für die holde Leser:innenschaft. Leistung liegt gerade eh voll im Trend und soll sich ja wieder lohnen. Als wären wir ein Land fauler Säcke, denen man das vorhalten müsste. Liberale Grüße an die Aufstocker im Bürgergeld!
Das eigentliche Stichwort lautet „faul“. Im Sinne von Fäule. Etwas ist faul mit unserer Politik. Jedenfalls mit entscheidenden Teilen des bundespolitischen Spitzenpersonals. Selten wirkten sie entkoppelter von der Realität der Menschen. Niemals zuvor wirkten sie auf mich dermaßen unredlich und machtgierig wie dieser Tage, um jeden Preis der Glaubwürdigkeit, ohne jede Scham. Horror!
Manchmal frage ich mich ja, welchen Anteil Berlin als Hauptstadt daran hat. Mit seinen verführerischen Möglichkeiten des Eskapismus, exzessiven Feierns und – vielen Drogenkonsums. Wo sind die Toilettenabstriche aus dem Bundestag, wenn man sie braucht?! Im November 2000 machte ein Privatsender Drogentests im Parlament, 22 von 28 WCs seien positiv gewesen; ein juristisches Nachspiel gab es für die Tester.
Auf jeden Fall sollte man sich diesmal nicht nur auf Koks beschränken. Für manche eine steile These, aber hey, so verhält sich doch niemand, ohne nachgeholfen zu haben, bei dem derzeitigen Grad an Größenwahn, Entrücktheit und Selbstüberschätzung. Schwer zu ertragen für all die anderen Abgeordneten, die um ein wahrhaftiges Engagement für ihre Wahlkreise bemüht sind.
Mit meinen 48 Jahren kann ich mich jedenfalls nicht an ähnliche Situationen hinsichtlich parteipolitischer Egoismen und Verballhornung der Bürger erinnern. Nicht in dieser massierten Form und ausgerechnet in Zeiten so vieler Krisen und des Erstarkens antidemokratischer Kräfte. Was ich mich ja immer wieder mal frage: Wäre „die“ Politik dermaßen surreal eskaliert, gäbe es die beschauliche Bonner Republik noch? Babylon Berlin, ick sach’s dir! Andererseits, Washington D. C. mit seinen nicht mal 800.000 Einwohnern hilft den Amis ja auch nicht. Aber ich schweife ab.
Zurück zu meinem Geschenk: Die Feiertage stehen also an! Und das bedeutet auch dieses Jahr wieder einen Haufen aufgezwungener politischer Diskussionen in Familie und Freundeskreis. Aber Leute, diesmal zählt es wirklich! Nie waren die Gespräche wichtiger. Denn schon zwei Monate später wird gewählt.
Und ja, viele werden sich darüber ärgern, dass es mal wieder eine Wahl des kleineren Übels ist. Das andere Übel aber ist nicht nur einfach etwas größer, es ist gigantisch! Weihnachten 2024 bringt die große Chance, noch mal die Sinne zu schärfen, gegenzuhalten und aufzuklären.
Ich halte es mit der Sozialpsychologin Pia Lamberty, die sagt: „Wenn ein Vertrauensverhältnis besteht, hat man bessere Chancen, Menschen zu erreichen.“ In einem Interview für den fluter aus dem vergangenen Dezember gibt sie viele nützliche Tipps für den Umgang mit der eigenen freidrehenden Sippschaft. Wer es noch ausführlicher will – ist ja noch etwas Zeit –, wird auch bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung fündig. In einem Dossier aus dem vergangenen Sommer liefert sie in ihrer Reihe „Auf einen Blick“ Hintergründe und Analysen zum Aufstieg der rechten Antidemokraten, aus denen sich gute Argumente für die eigene Diskussion ergeben. Und das von ihr geförderte Projekt rechte-diskurse.de bietet ein Glossar zu rechten Strategien in sozialen Medien, wie man sie erkennt und wie sich Argumentationsmuster aushebeln lassen.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
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