: Ein schwuler Papa – Klasse, Patrick Lindner!
Was den meisten Homosexuellen in Deutschland verwehrt wird, wurde jetzt dem Volksmusikstar erlaubt: ein Kind zu adoptieren. Die „Bild“-Zeitung macht daraus eine rührselige Geschichte, verschweigt aber das entscheidende Detail ■ Von Jan Feddersen
Berlin (taz) – Er ist einer der erfolgreichsten Showstars des deutschsprachigen Raums. Verdient mit seiner leicht öligen Stimme und mit spätbubenhaftem Charme Millionen. Öffentlich zelebrierte er von sich stets das Bild des Junggesellen, der noch nicht die Richtige gefunden habe, um zu heiraten. Kurz: Patrick Lindner bringt alles mit, um im konservativen Volksmusikbereich die große Nummer abzugeben.
Seit Dienstag macht er Schlagzeilen – der anderen Sorte. „Patrick Lindner, 37, ledig – aber Kindermädchen – adoptierte dieses Baby“, titelte Bild über das Foto, das den Schlagerstar mit seinem Adoptivsohn Daniel zeigt. Wahr ist die Nachricht indes nur halb. Zutreffend sind das Alter und der Umstand der Adoption eines achtmonatigen Jungen aus Rußland. Formaljuristisch stimmt auch, daß Lindner ledig ist. Er muß es sein – denn eine Trauung mit seinem Lebensgefährten, mit dem er auch ein Haus in Bayern teilt, ist in der Bundesrepublik nicht möglich.
Lebensgefährten? Richtig, denn Lindner ist keineswegs ein Single, wie das auflagenstarke Blatt berichtet. Er ist schwul, was alle in der Musikbranche wissen, aber niemand aussprechen will, um Lindner bei traditionsbewußten Volksmusikfreunden nicht in Mißkredit zu bringen. Und genau dies wird auch in den jetzigen Presseveröffentlichungen nicht benannt.
Wunderlich an dem ganzen Vorgang ist, daß dem Sänger und Moderator nun Kollegen Glück wünschen. Selbst Maria Eichhorn, familienpolitische Sprecherin der CSU im Bundestag, fand keine geißelnden Worte für die humanitäre Geste, sondern nur die Mahnung, daß ihrer Meinung nach ein Kind in „einer Familie aufwachsen sollte“ – wobei sie die klassische Variante mit Mutter und Vater gemeint haben wird.
In der Tat ist das Plazet, das Lindner von den zuständigen Stellen in Bayern offenbar erhielt, ungewöhnlich. Nach Paragraph 1741 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist die gemeinsame Annahme eines Kindes durch Adoption in der Bundesrepublik nur für Ehepaare zulässig. Gleichgeschlechtliche Paare sind nach Auffassung der Gesetzgeber nicht dazu in der Lage, weil ihre Partnerschaft vor dem Gesetz nicht existiert.
In den USA können zwei Männer oder zwei Frauen Kinder in Pflegschaft nehmen, Adoptionen sind in einigen Bundesstaaten möglich. In den Niederlanden, Schweden oder Dänemark ist homosexuellen Frauen und Männern die Adoption versagt – der Preis, den die Homoorganisationen zu zahlen hatten, um von den Kirchen die Zustimmung zur Homoehe zu erhalten. In Dänemark soll die Regelung bald abgeschafft werden.
Deutschland ist von einer solchen Liberalisierung noch weit entfernt – wie es auch zusammenlebenden Lesben nach wie vor untersagt ist, sich per Samenbank schwängern zu lassen. Bei Sorgerechtsentscheidungen haben beispielsweise schwule Väter immer noch schlechte Karten, wenn sie sich nach einer Scheidung von ihrer Frau weiterhin um ihre Kinder kümmern wollen. Aus dem CDU- geführten Familienministerium hieß es lapidar: „Ein Kind braucht eine Mutter und einen Vater.“
Patrick Lindner scheint in seiner Partnerschaft die mütterliche Vaterrolle übernommen zu haben. Der Berliner B.Z.berichtete er stolz: „Daniel schläft durch, kriegt grad Zähnchen, hat einen Mordshunger auf Möhrenbrei.“ Siehe auch Seite 16
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