Ehemaliges Tramdepot in Schöneberg: Polizei macht die Musik
Polizeimuseum statt Probebühnen: Die Innenverwaltung überrascht mit einer neuen Idee für die Nutzung des ehemaligen Straßenbahndepots in Schöneberg.
Seit den 2010er Jahren haben sie den Bezirk auf ihrer Seite, es gab eine Bürger*innenbeteiligung, schließlich entstand ein Konzept gemeinsam mit dem damaligen rot-rot-grünen Senat: Zwei der drei denkmalgeschützten Hallenschiffe wollte die Kulturverwaltung Theatern als Probebühne zur Verfügung stellen, das dritte Schiff sollte der Bezirk selbst verwalten.
Doch nun gibt es Streit um das landeseigene Grundstück: Das Haus von SPD-Innensenatorin Iris Spranger will jetzt ein „Polizei- und Feuerwehrmuseum“ an dem Ort errichten. Die CDU-geführte Kulturverwaltung und der Bezirk Tempelhof-Schöneberg waren überrumpelt, als das Abgeordnetenhaus im Dezember 2023 Planungsmittel für das Vorhaben in Höhe von je 150.000 Euro für dieses und kommendes Jahr freigab.
Erst vor gut einem Jahr war die Polizei von dem 16.000 Quadratmeter großen Gelände abgezogen; das 1899 errichtete und 1964 geschlossene Straßenbahndepot hatte ihr jahrzehntelang als Abstellfläche für beschlagnahmte Fahrzeuge gedient. Damit schien ein wichtiger Schritt hin zur Umsetzung der „multifunktionalen“ Nutzungspläne von Senat und Bezirk getan.
Die Innenverwaltung träumt von „Erlebniswelten“
Die Innenverwaltung kümmert das nicht: Man plane, „die gesamte Liegenschaft (3 Gebäudehallen) für die Umsetzung des Polizei- und Feuerwehrmuseums zu nutzen“, schreibt Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) in einer aktuellen Antwort auf eine Grünen-Anfrage. Weder Kulturverwaltung noch Bezirk hätten demnach mitzureden.
Überraschend ausgereift sind auch die Vorstellungen, wie das Museum gestaltet werden könnte. Hochgrebe wünscht sich ein „weltoffenes, modernes (Mitmach-)Museum“, dessen „Erlebniswelten“ ein „Anlaufpunkt für internationale und nationale Touristen“ wären. Dort könnten „medienwirksame Veranstaltungen“ oder „Erlebnistage“ stattfinden.
Polizei mit ganz eigener „Zwischennutzung“
Trotz des Alleingangs behauptet die Innenverwaltung, mit dem Bezirk sei eine „enge Kooperation“ vorgesehen, zudem sei der Bezirk „offen für beide Projekte“. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg weist das ausdrücklich zurück: Man halte an der Idee fest, das dritte Schiff „für soziokulturelle Nutzungen in Anspruch zu nehmen“, erklärte das Amt vergangene Woche.
Auch Catherina Pieroth von den Grünen kritisiert die Pläne der Innenverwaltung: „Der Bezirk wird ins Leere laufen gelassen, die Ideen der Bürger*innen werden ignoriert“, sagte die Abgeordnete am Mittwoch der taz. Es sei „extrem intransparent“, wie die schwarz-rote Koalition mit Steuergeldern umgehe. Schließlich habe die Kulturverwaltung bereits eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. „Außerdem gibt es schon ein Feuerwehrmuseum in Tegel“, fügte sie hinzu.
Für Pieroth sind die großen Hallen wie geschaffen für eine künstlerische Nutzung. Da weder die Bühnen- noch Museumspläne in die Investitionsplanung bis 2027 aufgenommen wurden, wird hier vor 2030 wohl nichts passieren. Deshalb fordert sie eine kulturelle Zwischennutzung des Areals. Die Polizei hat schon andere Fakten geschaffen. Inzwischen stehen hier wieder beschlagnahmte Autos.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen