Eckpunktepapier von Fridays for Future: Die Kunst des Nötigen
Fridays for Future legen Eckpunkte für Deutschlands Beitrag zum Kampf für das 1,5-Grad-Ziel vor. Die haben Schwächen, aber einen unschätzbaren Wert.
D ie jungen Leute hören einfach nicht auf zu nerven. Erst ließen sich die Fridays for Future auch durch Corona nicht unterkriegen; schließlich organisierten sie wieder Zehntausende allein in Deutschland für einen globalen Streiktag. Und nun legen sie „Eckpunkte“ vor, mit denen Deutschland seinen halbwegs gerechten Anteil daran leisten könnte, den Klimawandel unter 1,5 Grad zu halten. Damit werden sie den Wahlkampf zum Bundestag im nächsten Jahr beeinflussen.
Das Gutachten selbst hat durchaus seine Schwächen. Aber es hat einen unschätzbaren Wert: Mit den 120 Seiten aus dem Wuppertal-Institut werden die AktivistInnen die politische Klasse vor sich hertreiben. Denn es stimmt: Keine Partei hat bisher einen konkreten Plan, was echter Klimaschutz heißen würde. Mit gutem Grund, wenn man sich die Giftliste der FFF ansieht: Welche Partei möchte im Wahlkampf den WählerInnen schmackhaft machen, den Autoverkehr zu halbieren, innerdeutsche Flüge zu verbieten, den CO2-Preis auf 180 Euro zu erhöhen, viermal so viele Windräder und Solarparks zu bauen? Was bislang im Elfenbeinturm der Wissenschaft gefordert wurde, bekommt jetzt politische Relevanz: Denn entweder unterschreiben die Parteien im Wahlkampf diese Forderungen oder es fallen ihnen ein paar kluge Gegenstrategien ein – oder sie geben das 1,5-Grad-Ziel auf.
Für Fridays for Future ist der Forderungskatalog ein wichtiger Schritt: Bisher haben sie argumentiert, von SchülerInnen könne man Rezepte zur Weltrettung nicht erwarten: Die Politik der Erwachsenen solle sich gefälligst an ihre eigenen Versprechen halten und Konzepte finden. Jetzt legen sie selbst Vorschläge auf den Tisch, an denen sich die Parteien messen lassen müssen. Sie halten das Thema in der Debatte und liefern einen Maßstab dafür, wie ernst die Erwachsenen das Thema nehmen.
Angela Merkel hat vor einem Jahr die enttäuschenden Ergebnisse des „Klimapakets“ damit begründet, Politik sei „das, was möglich ist“. Die Fridays for Future zeigen jetzt: Es muss auch das sein, was nötig ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung