Ebola-Tagebuch – Folge 4: Seuche breitet sich schneller aus
Nach neuen Studien dürfte nicht nur die Zahl der Infizierten, sondern auch die Zahl der Toten rascher steigen als erwartet.
![](https://taz.de/picture/92493/14/Ebola130914dpa.jpg)
Für Westafrika, Liberia insbesondere, dürfte diese Woche entscheidend werden im Kampf gegen Ebola. Die aktuelle Prognose der Weltgesundheitsorganistion WHO vom August lautet: 20.000 Fälle innerhalb von neun Monaten, etwas über die Hälfte davon tödlich. Am Wochenende legte eine Gruppe von US-Epidemiologen neue Zahlen vor: Die WHO-Prognose dürfte bereits Mitte Oktober erreicht sein, und wenn die Ausbreitung sich weiter beschleunigt so wie zuletzt, gibt es bis Mitte Oktober nicht 20.000 Ebola-Fälle sondern 60.000, und nicht 10.000 Tote, sondern mindestens das Doppelte.
Die vergangenen Wochen gaben eher den Pessimisten Recht. Insgesamt, so die WHO, waren bis zum 7. September in Westafrika 4.366 Menschen an Ebola erkrankt, von denen 2.218 (51 Prozent) gestorben waren. Fast die Hälfte der 4.366 Erkrankungen insgesamt trat in den letzten drei Wochen ein. Die vergangene Woche, bis zum 14. September, ist noch nicht abschließend erfasst.
Eine neue Studie von Wissenschaftlern in Japan und den USA warnt, die Zahl der Toten könnte in die Hunderttausende gehen. Sie untersucht die aktuellen Übertragungsraten: Solange jeder Ebola-Kranke statistisch gesehen mehr als eine Person ansteckt, breitet sich die Seuche weiter aus; erst wenn die Rate unter 1 fällt, ist sie unter Kontrolle.
Die aktuellen Übertragungsraten liegen je nach Land und Region bei 1,4 bis 1,7 – zwei Kranke stecken also durchschnittlich etwa drei weitere Personen an. Bei einer Rate von 1,4 wird Westafrika, so berechnen die Forscher, bis Jahresende rund 77.000 neue Ebola-Fälle verzeichnen – bei einer Rate von 1,7 sogar 277.000. Und nach wie vor sterben mehr als die Hälfte der Infizierten.
Was tut die WHO? Sie sagt, sie steht zu ihren eigenen, viel niedrigeren Zahlen. Und lehnt dann noch den Antrag der Regierung von Sierra Leone ab, die Evakuierung eines afrikanischen Ebola-infizierten Arztes nach Hamburg zu finanzieren. Ein verheerendes Signal für das westafrikanische Gesundheitspersonal – die wahren Helden an der Seuchenfront.
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