Ebola-Epidemie: Erster Patient stirbt in den USA
Der Liberianer wurde anders behandelt als infizierte US-Bürger. Nun ist Thomas Duncan an Ebola gestorben. Die Republikaner schüren Panik.
WASHINGTON taz | Thomas Duncan starb am Mittwoch früh als erster Patient in den USA an Ebola. Das Leben des 42-jährigen Liberianers endete in dem Krankenhaus, das ihn bei seinem ersten Besuch nachhause geschickt und ihn drei Tage später bei einem erneuten Notfall-Besuch isoliert und bis zu seinem Tod nicht mehr herausgelassen hat. „Mit tiefer Trauer und tief empfundener Enttäuschung müssen wir den Tod des Patienten mitteilen“, erklärte das Texas Health Presbyterian am Mittwoch in Dallas.
Nachdem sich die Herzwerte des schwerkranken Patienten am Vortag verbessert hatten, kam die Nachricht unerwartet. Die Partnerin von Duncan, die 54-jährige in Texas lebende Louise Troh, mit der er einen gemeinsamen Sohn hatte und bei der er in den Tagen nach seiner Ankunft aus Westafrika gewohnt hat, erfuhr von einem Priester von Duncans Tod.
An seiner Beerdigung kann sie genausowenig teilnehmen wir ihr jüngstes Kind und zwei erwachsene Neffen. Alle vier sind in Quarantäne und dürfen ihren gegenwärtigen Wohnort, den ihnen eine Kirchengemeinde in Dallas organisiert hat, erst verlassen, wenn die 21-tägige potenzielle Ansteckungsphase vorbei ist. So weit bekannt, hat bislang noch keiner von ihnen Ebola-Symptome entwickelt. Troh hofft, dass der medizinische Umgang mit Duncan untersucht wird.
Wenn er überhaupt eine Chance hatte, trotz Ebola zu überleben, dann in den USA. Er hatte in Liberia kurz vor seiner Abreise eine hochschwangere Frau junge Frau getragen, die vom örtlichen Krankenhaus abgewiesen wurde und wenig später an Ebola starb. Diese Episode erwähnte Duncan bei der Einreise in die USA nicht. Seine Fieberkontolle am Flughafen Monrovia ergab keine erhöhte Temperatur. Vier Tage nach seiner Ankunft in Texas ging Duncan mit Fieber und anderen Beschwerden in die Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses.
Aus Westafrika eingereist
Seine Begleiterin erwähnte mehrfach, dass er gerade aus Westafrika eingereist sei. Dennoch untersuchte ihn das Krankenhaus nicht auf Ebola, sondern schickte ihn mit Antibiotika zurück. Erst drei Tage später, nachdem sich sein Zustand radikal verschlechtert hatte, nahm das Krankenhaus ihn auf. Doch Duncan bekam nicht sofort das experimentelle antivirale Medikament, mit dem vor ihm drei andere Ebola-Patienten in den USA behandelt und geheilt worden waren.
Das Präparat wurde ihm erst eine Woche später, einen Tag vor seinem Tod, gegeben. Er bekam auch keine Bluttransfusion von einem geheilten Ebola-Kranken, wie sie ein diese Woche ebenfalls mit Ebola in ein US-Krankenhaus eingelieferter Kameramann von NBC erhalten hat. Bislang ist unklar, warum das Krankenhaus diese Entscheidungen gefällt hat. Und es ist offen, ob es eine Rolle gespielt hat, dass Duncan keine Krankenversicherung hatte. Aber alle Experten sind sich einig darin, dass bei Ebola die Chancen auf Heilung am größten sind, je früher die Behandlung beginnt.
Außerhalb des Krankenhauses versetzte Duncans Tod US-Medien und republikanische Politiker in Panik. Im TV-Sender Fox, sprach eine Moderatorin in einem Atemzug von Ebola und von „terroristischen Drohungen“ gegen die USA. Wenige Wochen vor den Halbzeitwahlen nutzten texanische Republikaner den Fall auch dazu, politisch gegen Präsident Obama zu schießen. Obama sei in der Ebola-Frage: „abwesend“. Die Regierung sei „unvorbereitet“, meinte der republikanische texanische Kongressabgeordnete Pete Session. Der ebenfalls republikanische Senator in Texas, Ted Cruz, verlangt, dass der komplette Flugverkehr mit Westafrika eingestellt werde.
Keime reisen in Fluggeschwindigkeit
Experten, wie der Chef des CDC (Center for Disease Control), Thomas Frieden, halten solche Maßnahmen für kontraproduktiv. „Ein Stop des Flugverkehrs würde dem Kampf gegen Ebola schaden“, sagte Frieden. Experten bezweifeln auch, dass zusätzliche Kontrollen an Flughäfen weiterhelfen. Im Falle Duncans gilt als sicher, dass er zum Zeitpunkt seiner Einreise noch kein Fieber hatte. „Wir leben in einem globalen Dorf“, sagte Medizinhistoriker Howard Markel zur New York Times: „Keime sind immer gereist. Aber heute reisen sie in Fluggeschwindigkeit.“
Dennoch hat Washington am Mittwoch entschieden, an den vier US-Flughäfen New York, Washington, Atlanta und Chicago die Kontrollen zu verstärken. Zusätzlich zu der erkennungsdienstlichen Behandlung, die ausländische BesucherInnen bei der Einreise in die USA über sich ergehen lassen müssen, soll bei Reisenden aus Westafrika künftig systematisch die Temperatur gemessen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen