EU wehrt sich gegen Kritik aus Israel: Verplappert mit Folgen
Die EU weist die despektierliche Kritik von Premier Benjamin Netanjahu zurück und fordert mehr Respekt für gemeinsame Werte.
Nicht ahnend, dass israelische Journalisten das Gespräch über Kopfhörer verfolgen, mokierte sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu unverblümt über die EU, die „derzeit der einzige Länderverband in der Welt ist, der die Beziehungen zu Israel an politische Bedingungen knüpft“. Netanjahu setzte hinzu: „Ich denke, das ist verrückt.“ Der israelische Regierungschef war diese Woche Gast der Visegrád-Gruppe, der Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei angehören.
Selten erschien Netanjahu so unbeholfen wie bei der Pressekonferenz nach dem Treffen mit den osteuropäischen Regierungschefs. Mit gezwungenem Lächeln wandte er sich zunächst auf Hebräisch an die israelischen Journalisten, die über ihre Kopfhörer das Gespräch mit Viktor Orbán hinter verschlossenen Türen mit anhören konnten.
Dabei ging es auch um Israel und den Bürgerkrieg in Syrien. Sobald die israelischen Nachrichtendienste erführen, dass Waffen an die libanesisch-schiitische Hisbollah geschmuggelt werden sollen, „leiten wir militärische Maßnahmen ein“, erklärte Netanjahu. „Das haben wir dutzende, dutzende Male getan.“
Europa, so findet der Israeli, müsse sich entscheiden, „ob es voranschreiten will oder verkümmern“. Israel „produziert Technologien in allen Bereichen“ und sei für die EU wichtiger als umgekehrt. Netanjahu forderte „das eine westliche Land, das europäische Werte und europäische Interessen verteidigt“, nicht zu unterminieren.
Offenbar stieß er bei seinem Gastgeber auf offene Ohren. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán stimmte mit ein in Netanjahus Klagen über die EU, die nicht nur Ländern außerhalb Europas Bedingungen auferlege, sondern „auch jenen innerhalb der EU“, wie er aus eigener Erfahrung wisse.
Unter den beiden Leidensgenossen schien das Verständnis füreinander groß. In Osteuropa habe er sich neue Freunde gemacht, kommentierte die Reporterin Antonia Jamin vom öffentlichen israelischen Fernsehen. Die Beziehungen zu den westeuropäischen Staaten hingegen „wird er beim nächsten Gipfen richten müssen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag