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EU kämpft gegen PlastikSteuern so stumpf wie Plastikmesser

Die EU-Kommission will Strafsteuern auf Kunststoffe, die nicht recycelt werden. So könnte das Budget erhöht werden. Einfach ist das nicht.

Ein Fall fürs Museum? Essbesteck aus Plastik Foto: Imago / Imagebroker

Brüssel taz | Die EU-Kommission hat dem Plastikmüll den Kampf angesagt. Bereits im Januar legte die Brüsseler Behörde eine „Plastikstrategie“ vor, die den Berg von europaweit jährlich 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen nachhaltig abbauen soll. Nun will sie auch Plastiksteuern fördern – und aus den Einnahmen das EU-Budget aufbessern.

Doch der Teufel steckt im Detail. So ist Haushaltskommissar Günther Oettinger von seiner Idee abgerückt, eine EU-weite Plastiksteuer einzuführen. Stattdessen soll es nun nationale Abgaben geben, die dann nach Brüssel fließen. Diese sollen auch nicht auf neue Plastiktüten oder Kunststoffverpackungen erhoben werden, sondern nur auf nicht wiederverwerteten Plastikmüll.

Es geht also um Strafsteuern auf die Kunststoffreste, die sich nicht recyceln lassen. 80 Eurocent pro Kilo möchte die EU-Kommission davon in jedem EU-Land abkassieren. So könnten jährlich bis zu 8 Milliarden Euro zusammenkommen. Je mehr Plastikmüll ein Mitgliedsland hinterlässt, desto mehr müsste es nach Brüssel überweisen.

Ob davon wirklich eine Steuerungswirkung ausgeht, wie man in der EU-Behörde hofft, muss sich erst noch zeigen. Klar ist nur, dass Deutschland und andere Länder, die beim Recycling vorangehen, geschont würden. Im Europaparlament kam diese Idee gut an. Weniger Begeisterung dürfte sie in den Ländern auslösen, die viel Plastikmüll produzieren.

Verbot von Geschirr und Besteck aus Plastik?

Dass sich die EU-Kommission ihrer Sache nicht sicher ist, lässt sich schon an den dürren Worten ablesen, die Oettinger bei der Vorstellung seines Budgetentwurfs wählte. Die Plastiksteuer war ihm nur einen Schlenker wert. Im Pressetext findet sich zu der neuen Umwelt-Steuer nur ein einziger Satz – man will sich offenbar nicht festlegen.

Ärger dürfte Oettinger vor allem mit den südeuropäischen Ländern bekommen. In Griechenland, Lettland, Malta, Kroatien und Zypern landen noch mehr als drei Viertel der Abfälle auf Müllkippen. Deutschland ist beim Recycling zwar vorbildlich – produziert aber auch den meisten Müll. Mit 37 Kilogramm Verpackungsabfällen pro Jahr und Einwohner lagen die Deutschen 2014 laut dem Online-Datenportal Statista weit über dem europäischen Durchschnitt von 31 Kilo. Nur Estland, Luxemburg und Irland produzierten noch mehr Plastikmüll.

Während Grünen-Chef Robert Habeck eine Plastiksteuer befürwortet, ist der Handel skeptisch. „Eine Plastiksteuer löst keine aktuellen Probleme und ist überflüssig“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE, Stefan Genth. Das ab Anfang 2019 gültige, neue deutsche Verpackungsgesetz beinhalte ambitionierte Recyclingquoten und reiche völlig aus.

Doch die EU-Kommission lässt sich nicht beirren: Als nächstes will sie Geschirr und Besteck aus Plastik verbieten. Der entsprechende Entwurf wird Ende Mai erwartet.

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3 Kommentare

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  • Eine Steuer auf Kunststoffe? Das führt allenfalls zu etwas höheren Preisen, aber nicht zu weniger Kunststoff.

     

    Und ein Verbot bestimmter Kunststoffprodukte? Eigentlich eine sinnvolle Idee, wenn da nicht die Erfahrungen aus einem ganz anderen Bereich in Deutschland wären. So bleibt da im Hinterkopf die Befürchtung, daß plötzlich die Hersteller solcher Produkte Milliardenentschädigungen fordern, einfach dafür, daß sie zukünftig nicht mehr dazu beitragen dürfen, die Umwelt nachhaltig zu schädigen.

  • Was genau ist definition von nicht recycrlbaren Plastik?

    Wie soll dies in der Realität umgesetzt werden?

    Ist schon beim Verkauf bekannt, ob das Plastik recycliert wird oder Nicht?

    Ziemlich unausgegorene Idee.

    • @Demokrat:

      Einfach mal nach 'welches Plastik kann man nicht recyceln' suchen.

      So sind z.B. Mischkunststoffe ein Problem oder eben verschmutzte Kunstoffe (z.B. Verpackungen mit nicht nicht-wasserlöslichen Etiketten).