EU-Spitzenkandidatin Schilling: Die umstrittene Grüne

Die Österreicherin Lena Schilling sollte für die Grünen junge Wäh­le­r*in­nen begeistern. Nun laufen mehrere Verleumdungsverfahren gegen sie.

Lena Schilling von der Seite

Ex-Klimaaktivistin Lena Schilling sollte das Zugpferd der Grünen für die EU-Wahlen werden Foto: Tobias Steinmaurer/dpa

WIEN taz | Die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling hält die Österreichische Medienlandschaft seit Wochen in Bann. Und das, obwohl andere Themen drängen: Die rechtsradikale FPÖ etwa, die mit ihrem Putin-freundlichen Kurs auf Platz eins landen könnte.

Stattdessen geht es weiterhin um die 23-jährige frühere Klimaaktivistin („Lobau bleibt“). Ihr wird vorgeworfen, karriere­schädigende Unwahrheiten über andere verbreitet zu haben. Sie soll Affären mit und Belästigungen durch Journalisten erfunden haben, berichtete der Standard Anfang Februar.

Das Problem: Weil viele der Vorwürfe ins Private hineinreichen, anonymisierte die Zeitung alle Gespräche. Auch Belege im Wortlaut lieferte sie keine, berief sich vielmehr auf eidesstattliche Erklärungen, die der Zeitung vorlägen.

Mit einer gewichtigen Ausnahme: In einer von der Zeitung veröffentlichten Unterlassungserklärung verpflichtete sich Schilling, bestimmte Aussagen über ein befreundetes Paar nicht mehr zu tätigen – unter anderem zu einer angeblichen Fehlgeburt infolge häuslicher Gewalt. Schilling spielte die Erklärung herunter, sie habe aus Sorge um ihre Freundin gehandelt.

Kaum Interesse an Aufklärung

Unnötig Öl ins Feuer gossen die Grünen selbst, die nicht etwa für Aufklärung sorgten, sondern von gezielten Kampagnen der Konkurrenz sprachen. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler, auch das wenig hilfreich, nannte die Vorwürfe „anonymes Gerülpse und Gefurze“. Bis heute haben die Grünen die Kernvorwürfe nicht aufgeklärt. Auf taz-Anfrage reagierte Schillig nicht.

Nicht hilfreich war auch, dass Schilling in Chatnachrichten mit dem Gedanken spielte, direkt nach der EU-Wahl zur Linksfraktion zu wechseln – was sie später dementierte. Der Standard veröffentlichte einen Teil der Nachrichten, was eine Debatte über die Grenzen der Privatsphäre eröffnete – und das Thema weiter am Köcheln hält.

Dabei hatte Schillings Wahlkampf gut begonnen. Mit ihrem glaubhaften Eintreten für den Klimaschutz galt sie vor allem Jungen als Alternative der sonst ausnahmslos älteren und männlichen Spitzenkandidaten. Drei Mandate (von insgesamt 20 Österreichs) im EU-Parlament schienen in Sichtweite. Nun müssen die Grünen froh sein, ihre aktuell zwei halten zu können.

Keine gute Nachricht für die österreichische Klimabewegung, die generell keinen Erfolgslauf hat. Die Gruppierungen sind uneins, unter anderem, was Protestformen betrifft. Zuletzt gab es vereinzelt wenig beachtete Klebeaktionen der „Letzten Generation“. Gut möglich auch, dass die Grünen nach der Nationalratswahl im Herbst aus der Regierung fliegen. Auch das eine Folge der Affäre Schilling.

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