EU-Reaktionen auf die Groko: Olaf who?

Bei der EU-Kommission freut man sich über die Berliner Koalition. Europa sei in die DNA der neuen Bundesregierung eingeschrieben.

Porträt Scholz

Olaf Scholz ist in Brüssel weitgehend unbekannt Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Nein, die Sektkorken haben nicht geknallt in der Brüsseler EU-Kommission. Auch im Ministerrat, wo sich die Eurogruppe trifft, wurde die deutsche GroKo nicht mit einer Sondersitzung gefeiert.

So kommt wenig Freude über den designierten neuen Bundesfinanzminister Scholz auf – denn den kennt in Brüssel kaum jemand. Viele Engländer und Franzosen haben schon rein sprachlich große Mühe, zwischen Schulz und Scholz zu unterscheiden. „Olaf who?“ ist denn auch die häufigste Reaktion auf die überraschende Nominierung des Hamburger Bürgermeisters.

Immerhin eilt Scholz nicht der Ruf eines harten Hundes voraus wie seinem Vorgänger Schäuble. Zusammen mit dem neuen Chef der Eurogruppe, dem undogmatischen Portugiesen Mário Centeno, könnte er sogar eine Wende in der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik einleiten. Ein „Ende des Spardiktats“ hatte Schulz ja bereits angekündigt – nun könnte es Gestalt annehmen.

Allerdings hat sich die GroKo in ihrem Koalitionsvertrag zur „Schwarzen Null“ und zum Stabilitätspakt für den Euro bekannt. Außerdem will die EU-Kommission nun auch noch den umstrittenen deutschen Fiskalpakt in EU-Recht überführen – damit würden die darin enthalten strikten Sparvorgaben sogar einklagbar. Besonders vehement setzt sich dafür Günther Oettinger ein – der CDU-Politiker wacht als EU-Haushaltskommissar auch über die Euro-Reform.

Wenig inspiriert

Den Vorschlägen von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat Oettinger bereits eine Abfuhr erteilt. Einen EU-Finanzminister wird es auf absehbare Zeit ebenso wenig geben wie ein milliardenschweres Euro-Budget. Bisher deutet nichts darauf hin, dass sich Schulz und Scholz diese Vorentscheidungen wieder rückgängig machen wollen. Am Ende könnte die GroKo in Brüssel deshalb genau dasselbe bedeuten wie in Berlin: ein wenig inspirierendes „Weiter so.“, aber immerhin ein insgesamt proeuropäisches.

„Ich kenne keine andere Regierung, die in einem Koalitionsvertrag 312mal das Wort Europa erwähnt“, freute sich Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Vereinbarung zwischen CDU, CSU und SPD enthalte zahlreiche Bezüge zur EU – „vom digitalen Binnenmarkt bis zur neuen strukturierten Zusammenarbeit in der Verteidigung, von der Luftqualität bis zu Natura2000“, betonte Junckers Kabinettschef Martin Selmayr in einem Tweet.

Europa sei sozusagen in die DNA der neuen Bundesregierung eingeschrieben, heißt es in Brüssel. Da könne doch eigentlich nichts mehr schiefgehen, wollen Juncker und Selmayr glauben machen. Dabei wissen sie natürlich auch, dass die SPD den Koalitions-Deal noch zu Fall bringen kann – und dass die Sozialdemokraten unter „Merkel IV“ leiden werden. Vor allem Währungskommissar Pierre Moscovici hat dafür allergrößtes Verständnis.

„Ich begrüße den gesunden Menschenverstand und die Arbeit meiner Freunde in der SPD“, erklärte der französische Sozialist. Er hoffe, dass die Basis in der SPD dem „Ruf der Verantwortung“ folgen werde. Offenbar fürchtet Moscovici, dass es den deutschen Sozialdemokraten ähnlich ergehen könnte wie seinen französischen Genossen: Sie sind nach den verlorenen Wahlen 2015 völlig in der Versenkung verschwunden.

Doch nun ist die SPD erst einmal wieder da – noch dazu auf wichtigen Posten. Der künftige Außenminister Martin Schulz ist ein alter Bekannter in Brüssel: Als EU-Parlamentspräsident hat er noch bis Ende 2016 bei jedem EU-Gipfel die Hände der Staats- und Regierungschefs geschüttelt. Schulz war es auch, der damals eine Große Koalition nach Berliner Vorbild im Europaparlament führte – Juncker denkt noch heute gern daran zurück.

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