EU-Minister kritisieren NGOs: Private Seenotretter sind schuld
Thomas de Maizière wiederholt Vorwürfe gegen NGOs, die im Mittelmeer Flüchtlinge retten. Ärzte ohne Grenzen findet die Kritik „unglaublich bitter“.
Dazu gehört auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Er unterstellte den Seenotrettern am Dienstag erneut die Kooperation mit libyschen Schleppern: „Die Italiener untersuchen Vorwürfe gegen NGOs: Dass Schiffe ihre Transponder abstellen – was streng verboten ist – und nicht zu orten sind; sie verschleiern ihre Position“, sagte de Maizière der Funke Mediengruppe.
Sein italienischer Amtskollege Marco Minniti habe ihm gesagt, „dass die Schiffe in libysche Gewässer fahren und vor dem Strand ihre Positionslichter einschalten, um den Rettungsschiffen schon mal ein Ziel vorzugeben“. Das löse „kein Vertrauen aus“, so de Maizière.
Hintergrund der nie belegten Vorwürfe gegen die NGOs dürfte die verhärtete Diskussion innerhalb der EU sein. Ende Juli läuft das Mandat der EU-Antischleppermission „Sophia“ aus. Italien hat Einspruch gegen dessen Verlängerung erhoben: Rom will, dass die anderen EU-Staaten endlich mehr der geretteten Flüchtlinge übernehmen.
Staaten wie Österreich lehnen genau das ab: Sie wollen, dass die EU-Soldaten die schiffbrüchigen Flüchtlinge wieder nach Libyen zurückbringen. Das wiederum lehnen unter anderem die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Luxemburg ab.
EU-Marine rettet nur rund zwölf Prozent
Der kleinste gemeinsame Nenner in der verfahrenen Lage scheint, den privaten Seenotrettern die Schuld zu geben. Rund ein Dutzend NGOs ziehen die weitaus meisten Flüchtlinge aus dem Wasser, nur rund zwölf Prozent der Rettungen gehen in diesem Jahr auf das Konto der EU-Marine.
Als „unglaublich bitter“ wies der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen (ÄoG), Florian Westphal, de Maizières Vorwürfe zurück. Ihre Schiffe würden die Transponder „nie mit dem Ziel abstellen, ihre Position zu verbergen“, heißt es in einer Stellungnahme von ÄoG.
Jeder Schiffskapitän sei dazu befugt, im Falle einer Gefahr den Transponder auszuschalten, etwa bei Begegnungen mit „bewaffneten Schiffen“, die nahe der libyschen Gewässer operieren. Scheinwerfer würden „ausschließlich in akuten Notsituationen“ verwendet und seien auf libyschem Festland nicht sichtbar.
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