EU-Migration nach Deutschland: Aufenthalt auf Abruf

Kurz vor der Europawahl will die Bundesregierung die EU-Freizügigkeit beschränken. Im Visier stehen dauerarbeitslose Einwanderer.

Mit rumänischen Spezialitäten gegen Vorurteile: Spezialgeschäft in London. Bild: dpa

BERLIN taz | Arbeitslose Zuwanderer aus einem EU-Land, die hier bereits sechs Monate leben und keine erfolgversprechenden Bemühungen um einen Job nachweisen, könnten künftig das Aufenthaltsrecht in Deutschland verlieren. Dies geht aus einem Gesetzentwurf der Bundesregierung hervor, der spätestens Anfang Juni im Kabinett beschlossen werden soll.

Laut dem Entwurf sind dann Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, freizügigkeitsberechtigt nur noch „für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur solange sie nachweisen können, dass sie begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden“. Ein solcher Passus fehlt im derzeit geltenden Freizügigkeitsgesetz für die EU. Arbeitnehmer, Auszubildende, Familienangehörige und Selbstständige aus der EU sollen sich wie bisher auch unbegrenzt in Deutschland aufhalten können.

Der neue Passus zielt auf arbeitslose Neuzuwanderer, die hier Sozialleistungen wie etwa Kindergeld beantragen. Hartz-IV-Leistungen bekommen EU-Migranten in der Regel nicht, es sein denn, sie haben zuvor schon einmal in Deutschland gearbeitet oder stocken einen kleinen Verdienst durch die Sozialleistung auf.

Der Gesetzentwurf beruht auf Vorschlägen eines Staatssekretärausschusses zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen in der EU. Der Ausschuss hatte eine „grundsätzliche Befristung des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche“ gefordert. Die Befristung bedeute aber nun keinesfalls, dass EU-Neuzuwanderer nach sechs Monaten ohne Arbeit ausgewiesen würden, betonte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, im Gespräch mit der taz. Nur müssten die Zuwanderer eben verstärkt Bewerbungsanstrengungen nachweisen.

Einreisesperre bei Sozialmissbrauch

Der Gesetzentwurf sieht weiter vor, dass künftig beim Antrag auf Kindergeld eine Steueridentifikationsnummer vorgelegt werden muss. Dies bedeutet für EU-Zuwanderer keine große Hürde: Diese Nummer bekommt man automatisch, wenn man sich in Deutschland anmeldet oder beim Finanzamt die Steuerpflichtigkeit beantragt. Eine solche Nummer verhindert, dass in verschiedenen Bundesländern mehrfach Kindergeld für dasselbe Kind beantragt werden kann.

Laut dem Gesetzentwurf soll es zudem künftig möglich sein, bei Sozialmissbrauch oder dem Vorlegen von gefälschten Dokumenten ein befristetes Wiedereinreiseverbot für einen EU-Zuwanderer zu verhängen.

Es sei gut und wichtig, dass erste gesetzliche Änderungen vorgenommen werden, „um den Missbrauch von Sozialleistungen durch Angehörige anderer EU-Staaten zu vermeiden“, sagte die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Beispiel Großbritannien

Der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Wolfgang Strengmann-Kuhn, sagte hingegen, eine Befristung des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche auf sechs Monate sei ein „Angriff auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit“ in der EU.

Auch in Großbritannien müssen arbeitslose Migranten aus einem EU-Land nach sechs Monaten Sozialleistungsbezug „begründete Aussichten“ auf einen Job vorweisen, um weiter Leistungen zu bekommen. Ab Juli sollen dort in diesen Prüfungen der Jobaussichten klare Maßstäbe angelegt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.