EU-Mercosur-Handelsabkommen: Verstoß gegen Klimagesetz

Ein EU-Handelsabkommen mit Lateinamerika würde zu mehr CO₂-Emission führen. Damit wäre es illegal, stellt ein Rechtsgutachten von Greenpeace fest.

zwei Reihen von landwirtschaftlichen machienen ernten Soja

Hier in Tangara de Serra, Brasilien 2012: Sojaernte Foto: Paulo Whitaker/ Reuters

BUENOS AIRES taz | Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur verstößt gegen geltendes Klimarecht. Zu diesem Ergebnis kommt ein von Greenpeace Deutschland in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Umweltrechtlerin Roda Verheyen und Gerd Winter.

„Nun ist auch rechtlich klar, dass das EU-Mercosur-Abkommen ein klimaschädlicher Größenwahn einzelner Länder ist“, erklärte Greenpeace-Handelsexpertin Lis Cunha. Es wäre nicht nur moralisch unverantwortlich, wenn die EU ein über zwei Jahrzehnte altes Abkommen unterzeichnen würde, das in Zukunft für massive CO₂-Mengen und die Zerstörung ganzer Ökosysteme verantwortlich sein wird, „es wäre auch illegal“, so Cunha.

In dem Rechtsgutachten kommen die beiden Ju­ris­t*in­nen zu dem Schluss, dass der Freihandelsvertrag zu mehr Treibhausgasemissionen führen würde. Dies verstoße gegen das EU-Klimagesetz, wonach Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden müssen.

Auch das Pariser Klimaabkommen, das eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad vorsieht, sei gefährdet. Vor diesem Hintergrund könnte das Abkommen laut Gutachten vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten werden.

Abkommen führt zu mehr Treibhausgas

Das Freihandelsabkommen ziele darauf ab, den Warenaustausch zu erhöhen, das führe zu mehr CO₂-intensiven Handelsverkehr von Schiffen und Flugzeugen und einer höheren Produktion von Waren, „die mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden sind oder die starke Auswirkungen auf Wälder und andere wertvolle Ökosysteme haben, die von Abholzung, Umwandlung oder Schädigung bedroht sind“, schreiben die Anwälte. Südamerika würde etwa vermehrt Soja, Fleisch und Zucker exportieren, aus der EU kämen mehr Autos.

„Dieses Freihandelsabkommen gehört der Vergangenheit an. Es steht fest, dass es zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen führen wird, anstatt zum Klimaschutz und zum Schutz der Kohlenstoffspeicher beizutragen“, so die Schlussfolgerung von Verheyen und Winter. Die Weltgemeinschaft befindet sich bereits auf dem Weg zu einer 2,9 Grad wärmeren Welt.

„Ohne sofortige und weitreichende Emissionsreduzierungen in allen Sektoren ist eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad unerreichbar“, heißt es in dem Gutachten. Die Abholzung der Tropenwälder ist nach wie vor hoch. Das ist eine der Hauptursachen für den Verlust von Kohlenstoffspeichern.

Verhandlungen sollen nach Europawahl fortgesetzt werden

Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay wurde 2019 fertiggestellt, ist aber noch nicht ratifiziert. Bei den seither fortgesetzten Gesprächen geht es vor allem um Umweltauflagen für südamerikanische Landwirte. Frankreich, Österreich und neuerdings auch Irland drängen auf strenge Auflagen zum Schutz ihrer eigenen Landwirte. Deutschland hingegen setzt sich vehement für eine schnelle Ratifizierung ein.

Auf südamerikanischer Seite werden die Umweltforderungen als kolonialistische Bevormundung abgelehnt. Mit der vollständigen Ratifizierung des Abkommen wäre die größte Freihandelszone der Welt geschaffen, mit einer Bevölkerung von mehr als 720 Millionen Menschen, die mehr als 30 Prozent des weltweiten Warenaustauschs abdecken würde.

Die Gespräche über das Abkommen sind bis nach den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni ausgesetzt, wie die paraguayische Regierung am vergangenen Freitag mitteilte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.