EU-Lebensmittelbehörde sieht kein Risiko: Genmais-Studie verrissen
Die europäische Lebensmittelbehörde Efsa weist die französische Studie über die krebsauslösende Wirkung von Gentech-Mais wegen gravierender Mängel zurück.
BERLIN taz | Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hat die französische Langzeitstudie zu den Gesundheitsrisiken von Genmais scharf kritisiert. Die Untersuchungsergebnisse des Molekularbiologen Gilles-Eric Séralini könnten wegen diverser Mängel „nicht als wissenschaftlich fundiert betrachtet werden“, teilte die Efsa mit. Daher „besteht keine Notwendigkeit, die früheren Sicherheitsbewertungen für die genetisch veränderte Maissorte NK603 zu überprüfen“.
Aktivisten hatten die im September veröffentlichte Studie als Beleg dafür interpretiert, dass Gentech-Pflanzen gesundheitsschädlich sind. Schließlich entwickelten viele Ratten Tumore, Nieren- und Leberschäden, nachdem sie in Séralinis Experiment den Mais des US-Herstellers Monsanto gefressen hatten.
Der Versuch ging über die gesamte Lebensdauer der Tiere von etwa zwei Jahren. Frühere, meist nur 90 Tage dauernde Studien hatten nicht von Gefahren berichtet oder sind sehr umstritten.
Doch die Efsa sät nun auch ernsthafte Zweifel an Séralinis Arbeit. Besonders moniert die Behörde, dass der Franzose seine Schlussfolgerungen zum Krebsrisiko auf die Ergebnisse von nur 10 Ratten pro Behandlung und Geschlecht beziehe. Die maßgeblichen Standards würden 50 Tiere vorsehen.
Dieses Problem halten die Experten für besonders misslich, da Séralini den Rattenstamm „Sprague-Dawley“ benutzt hat, der natürlicherweise sehr anfällig für Krebserkrankungen ist. Deshalb sei die Zahl „ungenügend, um zwischen bestimmten Behandlungseffekten und zufälligem Auftreten von Tumoren bei den Ratten zu unterscheiden“.
Weiterhin bemängelt die Efsa, dass in der Studie wichtige Details zur Zusammensetzung des Futters gefehlt hätten. Séralini habe auch nicht angegeben, wie viel Genmais die Ratten gefressen haben.
Tierzahl zu gering
er Wissenschaftler hatte bereits in einem taz-Interview vom 26. September eingeräumt, dass die Tierzahl für eine Krebsstudie zu gering sei. Er wies aber daraufhin, dass auch für die Zulassung von Gentech-Pflanzen nur 10 Ratten verwendet würden.
Am Donnerstag kritisierte Séralini vor allem die „zahlreichen Interessenkonflikte“ vieler Efsa-Forscher, die auch für die Industrie arbeiteten.
„Wir werden in ein oder zwei Wochen ein Antwort auf alle Kritikpunkte in der Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology veröffentlichen“, sagt er der taz. Zudem werde er alle Rohdaten seiner Studie in einer Anwaltskanzlei hinterlegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück