EU-Länder und Freihandelsabkommen: Ein Veto-Recht ist möglich
Dürfen EU-Institutionen alleine über Handelsabkommen entscheiden? Im Fall eines Vertrages mit Singapur urteilte der EuGH, dass die Länder mitsprechen können.
Die Entscheidung der EU-Richter gilt als schwerer Rückschlag für die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker. Die Brüsseler Behörde hatte die Position vertreten, dass nach EU-Recht lediglich eine Mitwirkung des Europaparlaments und der Regierungen der Mitgliedstaaten am Abschluss der Freihandelsabkommen vorgesehen ist.
Sie befürchtet, dass die europäische Handelspolitik lahmgelegt werden könnte, wenn nicht nur das Europaparlament sondern auch Parlamente in Mitgliedstaaten zustimmen müssen. Theoretisch würde nämlich bereits das Nein eines nationalen Parlaments genügen, um ein Freihandelsprojekt zu stoppen.
Als Paradebeispiel gilt das Drama um das europäisch-kanadische Freihandelsabkommens Ceta, das die EU-Kommission auf politischen Druck hin als ein solches eingestuft hatte, das der Zustimmung nationaler Parlamente bedarf. Der Vertrag konnte im vergangenen Herbst erst nach einer Hängepartie unterzeichnet werden, weil die Führung der belgischen Wallonie die Signatur des Abkommens zeitweise blockierte. Für die EU war das international eine Blamage.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten wollen sich dennoch aus politischen Gründen die Möglichkeit offen halten, auch ihre nationalen Parlamente zu beteiligen. Sie verweisen vor allem auf die scharfe Kritik an großen Freihandelsprojekten wie dem europäisch-kanadischem Abkommen Ceta oder den Plänen für das US-europäische Abkommen TTIP. Dieser wollen sie mit einer stärkeren Mitwirkung der Parlamente begegnen.
Das Gutachten der Richter wird sich konkret auf ein mit Singapur ausgehandeltes Freihandelsabkommen beziehen. Die Einschätzungen des Gerichtshofes gelten aber auch für alle anderen Abkommen.
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