piwik no script img

EU-Klimaziele bis 2050Eine Billion Euro, nur woher?

Die EU-Kommission will für die klimaneutrale Wirtschaft eine Menge Geld investieren. Die Finanzierung ist allerdings noch nicht gesichert.

Der „European Green Deal“ ist von der Leyens zentrales Versprechen Foto: dpa

Brüssel taz | Die EU-Kommission hat die EU-Staaten aufgefordert, mehr Geld für den Klimaschutz bereitzustellen. Um das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 zu erreichen, seien zusätzliche öffentliche und private Investitionen von „mindestens einer Billion Euro“ nötig, teilte die Brüsseler Behörde am Dienstagnachmittag mit.

Für den „European Green Deal“ würde der EU-Haushalt 485 Milliarden Euro bereitstellen. Allerdings ist die Finanzierung nicht gesichert, da die EU-Staaten derzeit noch über den Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 verhandeln. Weitere Gelder soll die Europäische Investitionsbank in Luxemburg lockermachen. Die Mitgliedstaaten sollen sich durch Co-Finanzierung mit rund 115 Milliarden Euro beteiligen.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) forderte mehr Geld von den nationalen Regierungen. Ihr „Green Deal“ sei „zum großen Vorteil all unserer Mitgliedstaaten“. Die Kosten des Nichthandelns seien „so viel höher und die Folgen so viel schwerer, dass man diese kluge Investition in unsere Zukunft leisten sollte“.

Der „European Green Deal“ ist das zentrale Vorhaben der neuen EU-Kommission. Von der Leyen, die gerade wegen gelöschter SMS auf dem Diensthandy in der Kritik steht, verglich ihn bei ihrem Amtsantritt mit der Mondlandung in den 60er Jahren. Beim letzten EU-Gipfel hatten die Mitgliedstaaten allerdings große Mühe, sich auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu einigen. Polen scherte aus und machte seine Zustimmung von EU-Hilfen abhängig.

Deutschland gibt nicht mehr

Von der Leyens Plan enthält daher auch einen 100 Milliarden Euro schweren Fonds für den „gerechten Wandel“, der polnischen, aber auch deutschen Kohleregionen zugutekommen soll. Dafür sind allerdings nur 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Budget vorgesehen. Deutschland hat bereits klargemacht, dass es nicht bereit ist, für den Klimaschutz tiefer in die Tasche zu greifen.

Im Prinzip sind alle dafür – doch an den Details und der Finanzierung gibt es viel Kritik. Für den grünen Finanzexperten Sven Giegold steht der Plan „auf wackeligen Beinen“. Die EU-Kommission rechne „mit Milliardenbeträgen, die ihr derzeit gar nicht zur Verfügung stehen“, erklärte er. „Geld macht noch keine Strategie“, hält der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber dagegen. Brüssel dürfe nicht nur den Staat zur Kasse bitten, sondern müsse auch private Investitionen fördern.

Die europäische Klimapolitik hat ein Preisschild bekommen. Doch woher die Billion kommen soll, ist weiter unklar. Immerhin dürfte der Kostenvoranschlag den Druck auf die Mitgliedstaaten erhöhen, sich endlich auf ein neues EU-Budget zu einigen. Bisher treten die Verhandlungen auf der Stelle.

Ob von der Leyens Deal funktioniert, dürfte sich letztlich erst im Herbst zeigen, wenn eine Einigung über den neuen Haushalt erwartet wird. Eine Schlüsselrolle kommt dabei Bundeskanzlerin Merkel zu, da Berlin am 1. Juli den EU-Vorsitz übernimmt. Wenn ­Merkel sich knausrig zeigt, kann von der Leyen ihre Mondlandung ver­gessen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Ich bin dafür, wir sparen Herrn Ferbers 96000 EUR/Jahr EU-Abgeordnetendiät [1] ein. Die Hanns-Seidel-Stiftung wird schon dafür sorgen, dass er nicht verhungert.

  • Und diese Frau ist jetzt für Jahre nicht mehr aufzuhalten. Ist schon irre.



    Aber auslachen kann man sie noch.

  • "Die europäische Klimapolitik hat ein Preisschild bekommen. Doch woher die Billion kommen soll, ist weiter unklar."

    Wenn Uschi kein weiteres Geld im Kohlenkeller findet oder schöpfen lässt, dann wird aus dem Projekt EU-Klimaziele 2050 einfach ein Teilprojekt als PPP herausgetrennt und schon hat man das Ziel von einer Billionen EUR in der Ankündigung erreicht und wenn sich das private Investment mal wieder als nicht ausreichend oder selbstlos wie gewünscht herausstellt, springt die öffentliche Hand ein, so wie immer.

  • Wie wäre es, wenn die EZB anstelle Unternehmensanleihen zu kaufen, die Billion finanziert?



    Im Grunde wäre ja sogar das 10-fache und mehr nötig.

  • Woher, wohin, wofür, warum. 1 Billion Euro stehen nicht für European Green Deal, sondern für von der Leyen. Die Marke von der Leyen macht sich gut neben 1 Billion Euro. Die derzeitige Kommissionspräsidentin fordert(e) mehr Geld von den nationalen Regierungen. Realistischer ist das Vorhaben eines japanischen Milliardärs, den Mond mit seiner Liebsten zu umrunden - der hat das Geld schon. Mit 1 Billion Euro könnte 1000 Milliardären ihr Glück beschert werden, realistisch und direkt investiert. Wir sollten bei den realistischen Möglichkeiten bleiben.

  • Eine Billion?

    ... zwischen 1,3 und 2,0 Billionen Euro hat Deutschland die Wiedervereinigung gekostet. de.wikipedia.org/w..._deutschen_Einheit

    Die EU kann also locker auch eine Billion zusammenbekommen.