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EU-Gipfel zur UkraineSicherheitszusagen an Kyjiw

Der EU-Gipfel einigt sich auf ein weitreichendes Abkommen mit der Ukraine. Präsident Selenskyj, der in Brüssel zu Gast ist, zeigt sich erleichtert.

Vor dem Gruppenfoto werden die Flaggen gerichtet Foto: Geert Vanden Wijmgaert/dpa

Brüssel taz | Wenige Tage nach dem Start von Beitrittsverhandlungen hat die EU der Ukraine am Donnerstag erneut weitreichende Zusagen gemacht. Diesmal geht es um ein Sicherheitsabkommen, das dem Land langfristige Finanz- und Waffenhilfe zusichert. Es soll für zehn Jahre gelten und damit sogar über den geplanten EU-Beitritt hinausreichen – dieser ist bis 2030 geplant.

Mit dem Abkommen verspricht die EU, der Ukraine „weiterhin jede erforderliche politische, finanzielle, wirtschaftliche, humanitäre, militärische und diplomatische Unterstützung zukommen zu lassen“. Das gelte „so lange und so intensiv wie nötig“, heißt es in dem Text, der am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel unterzeichnet wurde.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der an dem Gipfeltreffen als Ehrengast teilnahm, zeigte sich erleichtert. „Mit diesem Abkommen verpflichten sich zum ersten Mal alle 27 Mitgliedstaaten, die Ukraine unabhängig von internen institutionellen Veränderungen umfassend zu unterstützen“, betonte er auf X.

„Zeichen der Solidarität“

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, das Abkommen sei ein „Zeichen der Solidarität in schwieriger Zeit“. Berlin hatte bereits im Februar eine bilaterale Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine abgeschlossen. Ähnliche Abkommen gibt es mit den USA, Frankreich und Belgien. Die EU-Vereinbarung ergänzt diese Zusagen.

Sie geht aber auch darüber hinaus, da sie die EU-Institutionen langfristig bindet. Der Text ist zwar nicht rechtsverbindlich. Aber er macht dem neu gewählten Europaparlament und der nächsten EU-Kommission weitreichende politische Vorgaben. Dabei hat sich das Parlament noch nicht einmal konstituiert. Die Kommission wird erst in den nächsten Monaten gebildet.

Als ersten Schritt wollten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit nominieren. Danach muss das Parlament diese Entscheidung bestätigen, was im Juli geplant ist. Unklar war zunächst, ob Italiens postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni die Nominierung von der Leyens mittragen würde.

Streit zeichnete sich beim EU-Gipfel auch über die Migrationspolitik ab. Scholz forderte zu Beginn des Gipfels eine gerechtere Lastenteilung bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. Polen und Tschechien unterstützen das. Andere Länder lehnen eine Umverteilung jedoch ab. Unklar ist auch, wie weitere Waffenhilfen für die Ukraine finanziert werden sollen.

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12 Kommentare

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  • Ein kleines aber schönes Signal an die Welt. Wir sollten allen beweisen, dass wir jene Länder nicht im Stich lassen, nur weil sie sich den demokratischen Werten zuwenden die wir hier täglich predigen. Sollte die Ukraine gegen Russland verlieren weil wir zu wenig tun würde es nur zeigen, dass wir Hypokriten sind. Das unser System versagt hat und atokratische Staaten die Minderheiten verfolgen, unterdrücken und Nachbarländer mit Krieg bedrohen unserer Gesellschaft überlegen sind.

    • @Pawelko:

      Die Ukraine ist ein Hybrid-Regime und keine klassische Demokratie. Genau das bringt dem Westen ja den. Vorwurf der Heuchelei und Doppelmoral. Hier wird vor allen Dingen aus geopolitischen Gründen viel Engagement gezeigt in Gegensatz zu anderen Problemen auf dieser Welt. Und Diktaturen wie die in Saudi-Arabien stärken wir mehr denn je.

      • @Alexander Schulz:

        Und Russland möchte alles tun um dafür zu sorgen dass es keine Demokratie wird sondern ein fremdbestimmtes Muppet Regime ähnlich Belarus.

        Man sieht wie sich Demokratie und Marktwirtschaft über die Zeit entwickelt haben.

        de.statista.com/st...ewertung-nach-bti/

        Der generelle Trend seit 2014 ist aufwärts...bis zur speziellen Spezialoperation zur "Entnazifizierung und Entmilitarisierung" der Ukraine.

        • @Waagschale:

          Ich stimme Ihrer Analyse vollkommen zu.



          Das ändert aber nichts an dem berechtigten Vorwurf der Doppelmoral und Heuchelei.

      • @Alexander Schulz:

        Deshalb schrieb ich "zuwenden". Das die Ukraine viele politische Probleme, unter anderen strukturelle Korruption, hat will ich gar nicht bestreiten. Aber mit der Maidan Demonstration hat sich das Volk für eine Zuwendung an den Westen und die EU stark gemacht. Und sich gerade durch diesen Schritt nach Westen hin, zu Krieg und Leid durch Putins Regime verdammt.

        Was für ein Signal schicken wir in die Welt, wenn wir ständig über Menschenrechte und Demokratie reden, aber jene Länder die diesen Schritte machen wollen nicht schützen und nach Kräften unterstützen. Unabhängig davon auf welchem Kontinent diese Länder liegen.

        • @Pawelko:

          Das ist genau das Problem! Was für ein. Signal senden wir in die Welt. Wir unterstützen zwar die Selenski Regierung in gigantischen Ausmaßen mit dem Argument "Demokratie" und gleichzeitig unterstützen wir Diktaturen (Saudi-Arabien und Co.) in Umfang wie wir es seit den 80er Jahren nicht mehr gemacht haben. Was für ein Zeichen senden wir wohl in die Welt? Warum hat wohl noch nicht einmal jedes zweiten Land an der Friedenskonferenz in der Schweiz teilgenommen? Warum haben wichtige Länder



          wie Brasilien und Indien noch nicht Mal die Abschlusserklärung unterschrieben?



          Die bittere Wahrheit ist, dass der Hauptteil der Welt uns einfach nicht abnimnt, dass es um Demokratie oder Völkerrecht geht.

        • @Pawelko:

          Die Maidan Bewegung war pro EU und ein Rechtsruck. Unmittelbar danach ging die Aggression gegen russische Minderheiten im Osten los.

          • @nothingness:

            Genau...und Putins Essay (Zur historischen Einheit von Russen und Ukrainern) a la "Heim ins Reich" hat nichts mit dem Überfall zu tun. Wir kennen alle die Argumentation aus der Vergangenheit (Sudetenkriese, Memelland). Wer Putins Argumentation glaubt, glaubt auch Polen hätten 1939 den Radiosender in Gliwitze überfallen. Wie die Geschichte ausging wissen wir auch alle.

          • @nothingness:

            Die Aggression in der Ost Ukraine gegen die dortige Bevölkerung ging nicht von der ukrainischen Regierung, sondern von russischen Staatsbürgern aus wie Herrn Girkin.



            Diese haben dort mit Gewalt Zivilisten für einen Kapf gegen Kiew rekrutiert



            und haben eine Serparatistenbewegung aufgebaut, die die einheimische Bevölkerung gar nicht wollte.

          • @nothingness:

            Russische Minderheiten im Osten? Sie meinen den Bürgerkrieg den die Pro-russischen Nationalisten angezettelt haben?

            • @Tom Lehner:

              Es gibt wirklich eine bedeutende russische Minderheit im Osten der Ukraine. Und immerhin 45 Prozent der Ukrainer sehen eine systematische Diskriminierung dieser Minderheit und selbstverständlich gibt es leider nachwievor viele Sympathien für Russland.

              www.fr.de/politik/...u-zr-92745602.html

            • @Tom Lehner:

              Das war kein Bürgerkrieg sondern einfach nur eine Invasion unter falscher Flagge.