EU-Gipfel in Brüssel: Widersprüche und Verwirrung
Die Teilnehmer des EU-Gipfels geben sich skeptisch gegenüber Großbritannien. Für das weitere Brexit-Vorgehen gibt es keine einheitliche Linie.
May hatte am Mittwoch eine Verschiebung des Austritts bis zum 30. Juni beantragt. Damit es dazu kommt, müssten jedoch alle verbleibenden 27 EU-Staaten zustimmen. Tusk sagte, ein solcher kurzer Aufschub sei nur möglich, wenn das Londoner Unterhaus das vereinbarte Austrittsabkommen annehme. Zuvor hatte der polnische EU-Politiker auch einen längeren Aufschub ins Gespräch gebracht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich entschlossen, bis zuletzt für einen geordneten Austritt Großbritanniens zu kämpfen. Der Brexit sei „ein Ereignis von historischer Bedeutung“, sagte Merkel zu Beginn des Gipfels. Man müsse deshalb „behutsam vorgehen“ und „vor allen Dingen bis zur letzten Stunde alles daran setzen, dass es einen geregelten Austritt Großbritanniens aus der EU geben kann“.
Der nächste Krisengipfel kommt bestimmt
Demgegenüber betonte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, dass es einen Aufschub nur dann geben könne, wenn London das Austrittsabkommen ratifiziert. „Bei einem negativen Votum bewegen wir uns auf einen No Deal zu“, sagte er – also auf den ungeregelten Brexit am 29. März, den Merkel unbedingt vermeiden will. Bei allen Entscheidungen sei zu beachten, das die EU handlungsfähig bleiben müsse, so Macron.
Am Nachmittag wollten die Staats- und Regierungschefs die britische Premierministerin ins Gebet nehmen. Mit einer Einigung wurde jedoch nicht gerechnet. Die Mehrheit der EU-Staaten will offenbar abwarten, ob es May vor dem bisherigen Austrittsdatum am 29. März doch noch gelingt, den umstrittenen Brexit-Deal durchs britische Parlament zu bringen. Wenn das Abkommen erneut scheitert, müssten sich die Staats- und Regierungschefs erneut treffen, sagte Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel.
Diese Aussage deutet auf einen weiteren Krisengipfel in der kommenden Woche hin. Sollte der Deal hingegen noch vom Unterhaus angenommen werden, so dürfte es eine sehr kurze „Nachspielzeit“ geben. Die EU-Kommission sprach sich dafür aus, den Brexit in diesem Fall höchstens bis zum 23. Mai zu verschieben – und nicht bis zum 30. Juni, wie von May gewünscht. Andernfalls wäre die Europawahl in Gefahr, die am 23. Mai beginnt. Nach Angaben von EU-Diplomaten teilt die Mehrheit der Mitgliedstaaten diese Haltung.
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