EU-Flüchtlingsrettung verlängert: Anhaltende Seenot
Die EU verlängert den Einsatz zur Rettung von Flüchtlingen. Auch Italien knickt ein – und gibt den Druck an die NGOs weiter.
Doch die Europäisierung hatte von Beginn an eine klare Grenze. Sie galt der Rettung der Flüchtlinge und Migranten, nicht aber ihrer Aufnahme. Die nämlich blieb exklusive Aufgabe Italiens. Der Einsatzbefehl sieht vor, dass alle „Sophia“-Schiffe italienische Häfen ansteuern, um dort die Geretteten abzuladen. Genau dies wollte die Regierung in Rom jetzt ändern. Sie drohte, der Verlängerung von „Sophia“ die Zustimmung zu verweigern. Dann allerdings hätte Italien wieder die Rettungen allein leisten müssen.
So ließ sich die Regierung in Rom mit minimalen Zugeständnissen abspeisen. 100 Millionen Euro zusätzlich für die Flüchtlingsaufnahme soll es geben, 500 Beamte sollen nach Italien geschickt werden, um die Asylverfahren und – im Fall von Ablehnungen – die Abschiebungen zu beschleunigen.
Die italienische Regierung forderte, wenigstens bei einem außergewöhnlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen sollten auch andere europäische Häfen für die Flüchtlingsschiffe geöffnet werden. Mehr als ein frommer Wunsch ist das nicht.
Kein Umstieg mehr auf Marineschiffe
Am Dienstag trafen sich Vertreter des Innenministeriums mit den vor Libyen aktiven Seerettungs-NGOs, um über den neuen Verhaltenskodex zu sprechen, den Italien einführen will. Vor allem verlangt die Regierung darin, dass die NGOs in Zukunft alle Geretteten selbst die ganze Strecke bis zu den italienische Häfen befördern, statt sie etwa auf Marineschiffe umsteigen zu lassen. Vor allem dieser Forderung widersetzten sich die NGOs.
Einige der im Einsatz befindlichen Schiffe sind für solche langen Überfahrten mit Hunderten Menschen an Bord gar nicht gerüstet. Auch für die anderen würde sich die Zahl der Einsätze deutlich verringern, da bisweilen diverse Tage für die Fahrten nach Italien und zurück gebraucht würden. Im Jahr 2017 retteten NGO-Boote bisher etwa 34 Prozent der Flüchtlinge und Migranten – diese Zahl würde sich unweigerlich verringern. Am Freitag soll weiter verhandelt werden.
Andrej Hunko, Linkspartei
Derweil bat Libyens Präsident Fajis al-Sarradsch am Mittwoch die italienische Marine, beim Kampf gegen Menschenschmuggler auch in libyschen Gewässern zu operieren. Die Anfrage werde derzeit geprüft, sagte Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni nach einem Treffen mit al-Sarradsch in Rom.
Genau das wollte die EU schon lange: Zugang zu den libyschen Gewässern und somit zu den Küsten der Schlepper. Das libysche Parlament in Tobruk aber hatte dies bislang ebenso kategorisch ausgeschlossen, wie dies auch al-Sarradsch noch bei seinem letzten Besuch in Rom getan hatte.
Libyen soll Geflüchtete abfangen
Den Sinneswandel könnte ein Treffen gebracht haben, das Frankreichs Präsident Macron am Dienstag bei Paris ausgerichtet hatte: Al-Sarradsch traf dort mit dem mächtigen libyschen General Chalifa Haftar zusammen. Der steht dem Parlament in Tobruk nahe und war entsprechen bislang mit al-Sarradsch verfeindet. In Paris aber einigten sich beide auf einen 10-Punkte-Plan, um den Bürgerkrieg in Libyen einzudämmen.
Derweil erklärte das deutsche Außenministerium in der Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Andrej Hunko, wie es sich die Zukunft in dem Seegebiet vorstellt: Demnach soll Libyen offiziell eine Seenotrettungszone benennen und seine Zuständigkeit hierfür erklären. Die Rettungsmissionen vor libyschen Küsten würden dann nicht mehr aus Rom koordiniert, die Schiffe der NGOs müsste sich der libyschen Küstenwache unterwerfen. Spätestens ab 2018 soll die libysche Küstenwache alle Geflüchteten vor der eigenen Küste abfangen und in Lager nach Libyen zurückbringen.
Hunko kritisierte das scharf: „In Libyen werden die Migranten misshandelt, vergewaltigt, gefoltert und umgebracht. Auch auf See werden vom libyschen Militär Straftaten begangen.“
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