EU-Außenministertreffen: Brüssel setzt auf Ohnmacht
EU-Außenbeauftragte Kallas steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie muss versuchen, einen gemeinsamen Umgang der Mitgliedsstaaten zu Syrien zu finden
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D ie EU-Kommission bricht ihre Neujahrsvorsätze wohl schon im alten Jahr. Eine „aktivere und kohärentere“ Außenpolitik sollte es in der zweiten Amtszeit von Kommissionschefin Ursula von der Leyen geben. Doch die Ereignisse in Syrien überschlugen sich und ließen die Kommission samt ihrer neuen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas ratlos zurück.
Während Brüssel noch über ihre Reaktion debattiert, versuchen die Türkei, Russland und der Iran bereits ihren Einfluss zu stärken. Auch eine französische Delegation soll am Dienstag Kontakte mit der syrischen Führung aufnehmen. Kein Wunder also, dass Kallas bereits vor dem Treffen der Außenminister*innen am Montagmorgen mitteilte, dass der deutsche EU-Diplomat Michael Ohnmacht auf dem Weg nach Damaskus sei. Die Zeit läuft auch für die EU davon.
Denn für Kallas wird es mit den mehr werdenden Krisenregionen schwieriger, eine „kohärentere“ Außenpolitik zu gestalten. Bis heute haben die 27 Mitgliedstaaten beispielsweise keine gemeinsamen Umgang mit Israel gefunden. Es ist wichtig, dass Kallas die EU-Staaten für die kommenden, ungewissen Entwicklungen im Nahen Osten eint.
Doch dabei darf sie nicht die Krisen vor der eigenen Haustür vergessen. Dass sie am Montag Sanktionen gegen die georgische Regierung ins Gespräch gebracht hat, die seit nun mehr als zwei Wochen mit Gewalt gegen die Demokratiebewegung auf der Straße vorgeht, ist der richtige Schritt. Nun müssen rechtzeitig Taten folgen.
Ungewisse Zukunft
Gleiches gilt für die Ukraine: Diese stehen vor ihrem dritten Kriegswinter und einer ungewissen Zukunft angesichts Trumps Einzug ins Weiße Haus. Mit der kommenden polnischen Ratspräsidentschaft hat Kallas auch einen verlässlichen Partner, um weitere militärische und finanzielle Hilfe für die Ukraine voranzubringen.
Denn ihr harter Kurs gegenüber Russland brachte sie trotz manchen Kritiker*innen am Ende auch ins Amt. Diesen Kurs sollte sie weiterverfolgen, auch wenn er eine Gratwanderung bedeutet und es zu weiteren Spaltungen in der EU führen kann.
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