EMtaz: Gruppe D: Tschechien – Türkei: Helden in Hellwasserblau
Die Sonne scheint auch für die türkische Nationalmannschaft; alles mellow. Mal gucken. Für die Tschechen ist es aus.
Die Vorbedingungen: Die Frage ist: Not gegen Elend oder aber Hurra in den Untergang. Tschechien hat bisher 20 Minuten Fußball gespielt, die Türkei null. Möglicherweise hat es etwas zu bedeuten, dass die Türkei in Schlafanzügen antritt.
Das Vorurteil: Wenn die Türkei ihr erstes Tor schießt, stürzt vom berlinweiten Jubel mindestens Brandenburger Tor ein.
Das Spiel: Wild beginnt es, wild wie von Heinz Sielmann verfilmt. Ein System sucht man vergebens, selbst Luhmann wäre angesichts dieses Spiels zum Poststrukturalisten geworden. Aus irgendeinem Grund (heißt: individueller Fehler) trifft Burak zur Führung, aus irgendeinem Grund (heißt: individuelles Versagen) trifft Sivok den Pfosten.
Anschließend eumelt sich das Spiel Richtung Pause, was okay ist und irgendwie auch nicht; es sagt sich immer so leicht, dass die einen nicht wollten, die anderen nicht konnten. In diesem Spiel wars eher so, dass die einen nicht konnten, und die anderen nicht wussten. Unschuldig wie spielende Kinder dingsten sie voreinander her. Man müsste Astrid Lindgren sein, um das zu schreiben.
Empfohlener externer Inhalt
Was wir immerhin gelernt haben: Selbst in Lens scheint hin und wieder die Sonne. Dann doch nochmal die Türkei. Rechts oben können sie eben. Herausgespielt war freilich da nix, es ging halt. War okay. Wie ein Burger nach dem Saufen. Muss halt. Ergebnis: Türkei 2, Tschechien 0.
Der Spieler des Spiels: Jens Lehmann. So einen hätten sie jetzt gebraucht, auf der Gegenseite. Wie damals, als er aus zwei Fehlern das spannendste Spiel gemacht hat, das die deutsche Mannschaft unter Löw je bestritten hat. Und dass die Chaostheorie, die die Türkei spielt, begründete.
1. CRO: 3 - 5:3 - 7
2. ESP: 3 - 5:2 - 6
3. TUR: 3 - 2:5 - 3
4. CZE: 3 - 2:3 - 1
Die Pfeife des Spiels: Fatih Terim. Oder, wie einige Idioten sagen: der Imperator. Echt, der Typ hat keine Ahnung. Dass seine Spieler ihre Positionen nicht halten können, liegt daran, dass er sie falsch aufstellt. Seine Innenverteidiger sind Sechser; sein Linksaußen spielt mal eine falsche Neun, mal eine faule Zehn; Raumaufteilung wie ein Ikea-Zulieferer. Alles im Ansatz vorhanden, aber noch völlig ohne Plan. Is halt auch geil: Fußball ohne Plan. Aber wozu dann einen Trainer.
Das Urteil: Hier war alles ruhig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung