EGMR-Urteil zur Meinungsfreiheit: Erfolg für Abtreibungsgegner
Abtreibungsärzte dürfen mit „Babycaust“ in Verbindung gebracht werden. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
Annen, geboren 1951, kämpft seit Langem gegen Schwangerschaftsabbrüche. So verteilte er Flugblätter vor Abtreibungskliniken mit der groß gedruckten Aussage: In dieser Klinik „werden rechtswidrige Abtreibungen durchgeführt“. In kleinerer Schrift folgte dann die Relativierung „... die aber der deutsche Gesetzgeber erlaubt und nicht unter Strafe stellt“. Außerdem führte Annen auf seiner Webseite www.babycaust.de eine Liste mit Abtreibungsärzten.
Zwei betroffene Ärzte klagten zivilrechtlich auf Unterlassung und hatten Anfang 2007 beim Landgericht Ulm Erfolg. Die Flugblätter und die Nennung der Ärzte auf der Webseite hätten eine unzulässige „Prangerwirkung“. Höhere Instanzen bestätigten das Urteil. Das Bundesverfassungsgericht lehnte eine Verfassungsbeschwerde von Annen 2009 ohne Begründung ab.
Beim EGMR hatte der katholische Fanatiker nun Erfolg. Eine kleine Kammer entschied mit fünf zu zwei Richterstimmen, dass das Verbot des Flugblattes Annens Menschenrechte verletzt hatte. Seine Aussage sei juristisch korrekt, insbesondere wegen der Relativierungen. Frühere Versionen des Flugblattes, in denen Annen nur von „rechtswidrigen Abtreibungen“ sprach, durften dagegen verboten werden.
Die Listung auf der Seite babycaust.de vergleiche Abtreibungsärzte auch nicht zwingend mit dem NS-Holocaust. Man könne darin auch nur einen allgemeinen Hinweis darauf sehen, dass Recht und Moral auseinanderklaffen können. Die deutsche Justiz habe es nicht geschafft, einen fairen Ausgleich zwischen Annens Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht der Ärzte herzustellen.
Der EGMR sprach ihm aber keinen Schadensersatz zu, sondern nur die Erstattung seiner Prozesskosten in Höhe von rund 13.700 Euro. Gegen das Urteil kannDeutschland binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann an die 17 Richter der Großen Kammer überweisen, muss dies aber nicht tun. (Az.: 3690/10)
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