Durchsuchung des Finanzministeriums: Justizministerin zu spät informiert
In Hannover wird debattiert, warum Osnabrücker Staatsanwälte das Bundesfinanzministerium durchsucht haben. Es bleiben weiter Fragen ungeklärt.
Die Anwürfe der SPD, die CDU führe hier eine Schmutzkampagne gegen Olaf Scholz, hatte Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) empört zurückgewiesen: Die Unabhängigkeit der Justiz sei ihr heilig, niemals sei aus ihrem Hause Einfluss ausgeübt worden. Die grüne Opposition wollte da allerdings nicht so schnell locker lassen. Im Rechtsausschuss rang man der Ministerin mit einem langen Fragenkatalog detaillierte Auskünfte ab. Immerhin gibt es in diesem Ermittlungsverfahren eine Reihe von Merkwürdigkeiten und Fragen, die bisher nicht geklärt werden konnten.
Die klärte auch dieser Ausschuss nicht. Neu waren aber immerhin zwei bis drei Aussagen. Dazu gehört, dass Havliza sagte, ihr Ministerium habe von der Durchsuchung überhaupt erst erfahren, als diese schon in vollem Gange war: am 9. September nach 9 Uhr. Das ist zumindest ungewöhnlich für ein Verfahren dieser Tragweite, immerhin werden nicht jeden Tag zwei Bundesministerien durchsucht. Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft dazu sei „vielleicht nicht so super geschickt formuliert“, ergänzte Ministerialdirigent Thomas Hackner. Sie hatte den Eindruck erweckt, die Ermittlungen zielten bis in die Ministeriumsspitze, also auf Finanzminister Scholz.
In den zentralen Fragen blieb das Justizministerium allerdings vage und ausweichend: Warum verging so viel Zeit zwischen dem Durchsuchungsbeschluss und der Durchführung? „Wenn man Ende Juli Verdunklungsgefahr befürchtet hat und annahm, dass Akten möglicherweise vernichtet werden, wieso erfolgte die Durchsuchung dann erst Anfang September?“, bohrte Helge Limburg (Grüne) nach. Dazwischen hätten der Urlaub der zuständigen Dezernentin und der Bahnstreik gelegen, lautet die Antwort.
Gab es wirklich kein milderes Mittel als die Durchsuchung? Eine schriftliche Aufforderung, die entsprechenden Akten herauszugeben, zum Beispiel? Nein, sagt Havliza. Bei der telefonischen Anfrage durch die Staatsanwaltschaft sei auf den Dienstweg und Geheimhaltungspflichten verwiesen worden. „Einen Dienstweg gibt es in der Strafprozessordnung aber nicht.“ Die Entscheidung sei also nachvollziehbar. Die Frage, ob es anderswo üblich sei, sensible Akten nach einem Anruf herauszugeben, könne sie nicht beantworten. Darüber werde ja keine Statistik geführt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken