Gericht moniert „Razzia“ in Ministerium: Aufregerthema verpufft

Die Durchsuchung im Bundesjustizministerium im Herbst war laut Gerichtsentscheid nicht angemessen. Dabei waren die Umstände von Anfang an seltsam.

Kameramann von dem Bundesministerium der Justiz

Unangemessene Durchsuchung: das Bundesministerium für Justiz in Berlin im September Foto: Christoph Soeder/picture alliance

BERLIN taz | Wie peinlich für die CDU: Das Landgericht in Osnabrück hat am Mittwoch entschieden, dass die Durchsuchung des Justizministeriums kurz vor der Bundestagswahl nicht angemessen war. Diese „Razzia“ hatte im Wahlkampf für Furore gesorgt, weil es um das heikle Thema der Geldwäsche ging – und weil auch das Finanzministerium durchsucht worden war, das damals SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz unterstand. CDU-Kontrahent Armin Laschet nutzte die Durchsuchungen gern, um in Fernsehdebatten den Eindruck zu erzeugen, als würde Scholz schmutzige Geldgeschäfte tolerieren.

Dabei waren die Umstände der „Razzia“ von Anfang an höchst seltsam: Die Durchsuchungen wurden von einem Staatsanwalt in Osnabrück angeordnet und von einer Amtsrichterin in Osnabrück abgesegnet, die beide aktive CDU-Anhänger sind und früher als persönliche Referenten eines CDU-Justizministers in Niedersachsen gearbeitet hatten. Auch ist es sehr ungewöhnlich, dass Staatsanwälte kurz vor einer Wahl Behörden oder Ministerien durchsuchen, weil dies als politische Einflussnahme gedeutet werden könnte.

Durchsuchung wäre „nicht erforderlich“ gewesen

Vor allem aber war nie ersichtlich, warum diese Durchsuchungen überhaupt nötig waren, denn Justiz- und Finanzministerium waren bereit, mit der Staatsanwaltschaft aus Osnabrück zusammenzuarbeiten. Allerdings reichte ihnen nicht nur ein Telefonanruf. Der zuständige Referatsleiter im Justizministerium wollte zunächst eine schriftliche Anfrage sehen, bevor er Akten herausrückte. Dieses Vorgehen war genau richtig, wie das Landgericht in Osnabrück jetzt befand.

Noch erstaunlicher: Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück hatte Akten angefordert, die sie längst besaß. Auch alle anderen „erstrebten Beweismittel“ hätten sich bereits „bei den Ermittlungsakten befunden“, wie das Landgericht feststellte. Die Richter konstatieren daher nüchtern, dass eine „Durchsuchung nicht erforderlich gewesen“ wäre.

Konkret ging es um Verdachtsfälle bei der Financial Intelligence Unit (FIU), die Geldwäsche aufklären soll und zum Zoll gehört. Eine niedersächsische Bank hatte im Juni 2018 gemeldet, dass mehr als eine Million Euro nach Afrika transferiert werden sollten, aber der Verdacht bestand, dass damit Waffen- und Drogengeschäfte finanziert würden. Die FIU leitete diese Meldung jedoch nicht an die Kriminalämter weiter, so dass die Bank das Geld überweisen musste. Die Staatsanwaltschaft in Osnabrück ermittelt daher seit 2020 „gegen unbekannt“ wegen „Strafvereitelung im Amt“. Allerdings wird „unbekannt“ bei der FIU vermutet, nicht im Finanz- oder Justizministerium.

Das Justizministerium hat gleich nach der Bundestagswahl Beschwerde gegen die Durchsuchung eingelegt, das Finanzministerium hat darauf verzichtet. Daher hat sich das Landgericht in Osnabrück nur zum Justizministerium geäußert.

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