Dubiose Kredite für Afrika: Angola im Zwielicht

Ausländische Firmen und Kreditgeber sind auch im Ölland Angola aktiv. Zuvor haben sie bereits Mosambik in den Ruin getrieben.

Ein Mann, Joao Lourenco

Überschattet: Angolas Präsident Joao Lourenco Foto: ap

LUANDA taz | Die Affäre um geheimgehaltene Auslandskredite in Milliardenhöhe, die Mosambik in die Krise gestürzt hat, weitet sich auf die andere ehemalige portugiesische Kolonie im südlichen Afrika aus: Angola. Wie die Risikoanalysefirma EXX Africa herausgefunden hat, haben Firmen, die in den Mosambik-Skandal involviert sind, auch mit Angolas Regierung zweifelhafte Verträge geschlossen.

Die Enthüllungen schwächen Angolas seit 2017 regierenden Präsidenten João Lourenço in seinen Versuchen, die Korruption rund um Angolas Ölwirtschaft zu bekämpfen und die Milliardeneinnahmen aus dem Ölexport in die Entwicklung des Landes statt in die Taschen der Familien der Regierungselite zu lenken – er ist nämlich selbst in die Sache verwickelt.

In Mosambik hatten Staatsfirmen in den Jahren 2013-14 hohe Auslandskredite aufgenommen, um eine Fischereiflotte aufzubauen; die Regierung hatte diese Kredite bis 2016 geheimgehalten, große Teile der Kredite wurden zweckentfremdet und die bestellten Schiffe wurden nie geliefert, stattdessen ist Mosambik nun mit neuen gigantischen Auslandsschulden belastet.

Laut EXX Africa hat die Firma Privinvest, die die Schiffe für Mosambik besorgen sollte, auch mit Angolas Verteidigungsministerium einen Vertrag im Umfang von 495 Millionen US-Dollar für den Aufbau von Schiffsbau- und Meeresüberwachungskapazitäten geschlossen.

Radarsysteme und Kommunikationstechnologie

Die dem angolanischen Verteidigungsministerum gehörende Firma Simportex ging dafür im Dezember 2015 eine Partnerschaft mit Privinvest ein. In diesem Zusammenhang kaufte Simportex für 122 Millionen US-Dollar Radarsysteme und Kommunikationstechnologie bei der italienischen Rüstungsfirma Finmeccanica (heute Leonardo) – ein Kauf, den Privinvest selbst hätte tätigen müssen.

Die Finmeccanica-Tochter Whitehead Sistemi Subacqeui sollte Patrouillenboote und Ersatzteile liefern, die Privinvest-Tochter CMN ein Wasserkraftwerk bauen. Angola nahm für all das Kredite auf, aber es ist unklar, ob die Verträge je erfüllt wurden.

Ein Analyst sagt, Angola könnte ein größeres Schuldenproblem als Mosambik bevorstehen

Die Verträge sollen denen mit Mosambik sehr ähnlich sein. Von 2014 bis 2017 war Angolas Verteidigungsminister João Lourenço, der heutige Präsident. Berichten zufolge reiste er in diesem Zeitraum nach Mosambik, um sich inspirieren zu lassen.

„Die Enthüllung, dass Angola Geschäftsbeziehungen mit den Firmen unterhält, die für Mosambiks Schuldenkrise verantwortlich sind, lässt es für möglich erscheinen, dass Angola ein ähnliches, wenn nicht noch größeres Schuldenproblem als Mosambik bevorsteht“, sagt Analyst Miguel Sanz.

Präsident Lourencos Grenzen

Der Think Tank A2 Global Risk meint, dass die Affäre ein Grund sein könnte, warum Lourenços Kampf gegen Korruption gewisse Personen ausspart – bislang hat sich der Präsident auf die Familie seines Vorgängers Eduardo dos Santos konzentriert.

Genannt wird der Name des ehemaligen Vizepräsidenten Manuel Vicente, der im Juni 2017 in Portugal angeklagt wurde, einen Richter mit 810.000 US-Dollar bestochen zu haben, damit Ermittlungen gegen seine Aktivitäten als Chef der staatlichen angolanischen Ölfirma Sonangol 2009–12 eingestellt werden. Vicente gilt als enger Vertrauter Lourenços.

Fragen richten sich auch an die Entscheidung des Präsidenten, neue Flugzeuge für die staatliche Fluglinie TAAG zu kaufen. Lourenço wies Anfang des Jahres Angolas Finanz- und Verkehrsministerien an, Verhandlungen mit möglichen Geldgebern über den Erwerb elf neuer Boeing- und Bombardier-Maschinen einzuleiten, obwohl der bestehende TAAG-Flugpark erst vor wenigen Jahren erworben wurde.

Recherchen zufolge werden die neuen Maschinen je 23 Millionen US-Dollar kosten, eine weitere schwere Belastung für Angolas Staatsfinanzen.

Angola verschuldet sich immer weiter

Lourenço hatte bei seiner Wahl 2017 versprochen, durch den Kampf gegen Korruption das Ölland Angola, das wegen Misswirtschaft in die Krise geraten war, attraktiv für Auslandsinvestoren zu machen und gestohlene Gelder in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar zurückzuholen.

Das sollte dazu beitragen, die schreiende Armut in Angola zu verringern – ein Fünftel der Bevölkerung hat weder Arbeit noch Einkommen, Basisdienste wie fließendes Wasser sind eine Seltenheit.

Stattdessen aber hat Angola unter Lourenço neue Schulden in Milliardenhöhe aufgenomen, darunter über zwei Milliarden US-Dollar in China, dem Angola bereits 21 Milliarden schuldete.

Angolas Volkswirtschaft, einst eine der am schnellsten wachsenden der Welt, ist Ende 2018 sogar geschrumpft, die Auslandsschulden liegen bei fast 80 Milliarden US-Dollar und das Land ist auf auswärtige Finanzspritzen angewiesen, um seine Schulden zu bedienen.

Im Dezember bewilligte der Internationale Währungsfonds (IWF) einen Kredit von 3,7 Milliarden US-Dollar. Die neuen Korruptionsskandale könnten Angola vollends ruinieren: Mosambik wurde nach dem Bekanntwerden seiner Skandale von den ­internationalen Geldgebern abgeschnitten und ist faktisch pleite.

Säuberungen im Parteiapparat

João Lourenço versucht nun, Kritik zu ersticken, indem er gemeinsam mit General Fernando Garcia Miala, Leiter der angolanischen Staatssicherheit, eine Säuberungswelle in der seit der Unabhängigkeit 1975 regierenden ehemals sozialistischen Exbefreiungsbewegung MPLA (Angolanische Volksbefreiungsbewegung) gestartet hat.

Auf einem außerordentlichen MPLA-Parteitag soll dieses Jahr das komplette Zentralkomitee ausgewechselt werden. Eine Liste hoher MPLA-Kader ist der Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Der ehemalige Gouverneur der Hauptstadt Luanda und respektierte Bürgerkriegsveteran Higino Carneiro wurde wegen Korruption angeklagt, mehrere Leiter von ­Staatsbehörden wurden entlassen, unter anderem der gerade erst berufene Chef des staatlichen Ölfonds, Miguel Damião Gago.

„Der Eindruck ist, dass Lourenço die totale Kontrolle über die Partei anstrebt“, sagt Analyst Dominique Jordão. Lourenço, der im August 2017 zum Präsidenten Angolas gewählt wurde, übernahm erst im September 2018 den Vorsitz der MPLA.

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