DuMont verärgert freie Mitarbeiter: Rechtssicherheit auf Kosten der Freien
Der Verlag M. DuMont Schauberg bietet Pauschalisten Stellen zu Dumpinglöhnen an. Zuvor wurden Ermittlungen gegen den Verlag eingeleitet.
Der Verlag M. DuMont Schauberg (MDS) zieht offenbar Konsequenzen aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln wegen des Verdachts der Beschäftigung Scheinselbstständiger: Die Geschäftsführung bietet dauerhaften freien Mitarbeitern eine Festanstellung an. Die Konditionen sind laut Betriebsräten aber „unterirdisch“.
Bei MDS erscheinen unter anderem der Kölner Stadt-Anzeiger, die Berliner Zeitung, die Mitteldeutsche Zeitung sowie die Boulevardblätter Express und Hamburger Morgenpost.
Allein am Standort Köln arbeiten mehr als 150 Journalisten als sogenannte Pauschalisten. Viele haben nach eigenen Angaben die gleichen Aufgaben wie festangestellte Redakteure, verdienen aber weniger als solche und der Verlag zahlt für sie keine Sozialabgaben.
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt unter dem Aktenzeichen 112 UJs 2/15 gegen MDS, weil der Verdacht besteht, dass die Pauschalisten scheinselbstständig sind.
„Eine Frechheit“
Der Verlag bietet Pauschalisten jetzt in Einzelgesprächen eine Festanstellung an. Den Betroffenen werde erklärt, die Geschäftsführung wolle Rechtssicherheit herstellen, berichtet ein Journalist. „Die angebotenen Konditionen sind aber eine Frechheit“, sagt er.
Die Verträge sollen auf ein Jahr befristet werden. Das Bruttoeinkommen soll 20 bis 30 Prozent unter dem bisherigen Honorar liegen. Einem Kollegen sei ein Bruttogehalt von 1.800 Euro bei 40 Arbeitsstunden in der Woche angeboten worden. Zum Vergleich: Ein nach Tarif bezahlter Tageszeitungsredakteur verdient mehr als 5.000 Euro im Monat.
Die meisten Pauschalisten sollen in einer neuen Tochterfirma angestellt werden, die am 1. Januar startet und in der auch für Online Tätige angestellt werden sollen. Die neue Media Rheinland ist anders als das MDS-Haupthaus nicht tarifgebunden.
Im vergangenen Jahr hat MDS die Lokalredaktionen von Stadt-Anzeiger und der Kölnischen Rundschau in der „Rheinischen Redaktionsgemeinschaft“ (RGG) zusammengelegt, die ebenfalls nicht tarifgebunden ist. Auch hier schwelt ein Rechtsstreit.
Noch nichts unterschrieben
Der Betriebsrat der RGG ist der Auffassung, dass die dort tätigen Pauschalisten keine freien Mitarbeiter sind, sondern Redakteure. Er klagt vor dem Arbeitsgericht Köln darum, vom Verlag die gleichen Auskünfte zu bekommen wie die, die ihm etwa in Fragen der Bezahlung über Redakteure zustehen. Im März findet die Verhandlung dazu statt.
Ursprünglich sollten die Verträge bis zum 1. Januar unter Dach und Fach sein. Doch unterschrieben sei noch nichts, heißt es aus Mitarbeiterkreisen. Noch hat der Verlag den Pauschalisten keine schriftlichen Verträge vorgelegt. Sie werden aber massiv unter Druck gesetzt, die Bedingungen zu akzeptieren. Doch dazu sind etliche nicht bereit.
Zu einem Treffen, zu dem die zu Ver.di gehörende Deutsche JournalistInnenunion eingeladen hatte, kamen Dutzende Betroffene. „Die Kollegen wollen sich das nicht gefallen lassen“, sagt ein Teilnehmer. Zurzeit würden sie über Protestaktionen beraten.
MDS will sich auf taz-Anfrage nicht dazu äußern, ob die Angebote an die Pauschalisten im Zusammenhang mit den Ermittlungen stehen. Die Gründung der Rheinland Media 24 stehe im Zusammenhang mit dem Projekt „digitale Transformation“ des Verlags, heißt es in einer Erklärung.
Es gäbe „seitens des Verlages für neue Beschäftigungsverhältnisse individuelle Angebote und Vereinbarungen“, die sich unter anderem „an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ orientierten. Im Jahr 2014 hat das Familienunternehmen einen Gewinn von knapp fünf Millionen Euro eingefahren.
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