DuMont startet Tageszeitung „Xtra“: Total crazy und völlig inhaltsleer
Die Printauflagen sinken. Trotzdem startet DuMont eine neue Zeitung für junge Leute: „Xtra“ ist bunt, bemüht hip – und Inhalte sind nicht gefragt.
KÖLN taz | Schon der Slogan, mit dem M. DuMont Schauberg (MDS) für die neue Zeitung Xtra wirbt, lässt Böses erahnen: „Kölns erste Morgenzeitung für Studenten“ – denn das Blatt erscheint von Montag bis Freitag um 15.30 Uhr. Auf der Titelseite der ersten Ausgabe am vergangenen Donnerstag sollte sich die Zielgruppe unter der Überschrift „Wir hippen Spießer“ offenbar wiederfinden.
Die Zeitung kostet am Kiosk 50 Cent, in der Einführungsphase wird sie großflächig umsonst verteilt. In Aufmachung und Inhalt erinnern die 28 Seiten ohnehin an ein kostenloses Anzeigenblatt. Entwickelt wurde sie im Umfeld der Boulevardzeitung Express, die ebenfalls zu MDS gehört. Deren Chefredaktion führt auch das achtköpfige Xtra-Kernteam. „Unser Ziel ist es, junge Menschen für ihre Stadt, aber auch mit einer relevanten Themenmischung für das Lesen von Zeitungen zu begeistern“, sagt MDS-Geschäftsführer Philipp Froben.
Die Rubriken heißen „Kölnreport“, „Kölncommunity“ oder „Kölnlook“. Ob Halloumi auf dem Zülpicher Platz, die aus einer Seilbahn gerettete Familie oder Begegnungen am Büdchen: Die Geschichten haben weder Tiefe noch Biss. Digitale Themen spielen eine erstaunlich geringe Rolle. Einen Onlineauftritt hat das Blatt nicht. Dafür soll sich Xtra in der Gestaltung „an der Ästhetik der digitalen Welt“ orientieren. Das Layout ist bunt und kleinteilig. „Xtra hat Laborcharakter und ist eine Art Start-up in unserem Unternehmen“, sagt MDS-Sprecher Björn Schmidt.
Die Nachmittagszeitung ist nicht der erste Versuch von DuMont, dem Wegbrechen der Anzeigen entgegenzusteuern. Im Kölner Zeitungskrieg 2001 brachte das Haus die Kostenloszeitung Kölner Morgen heraus, um dem norwegischen Schibsted-Konzern das Geschäft mit der rein werbefinanzierten Tageszeitung 20 Minuten Köln zu vermiesen. Nachdem der Schibsted-Titel eingestellt wurde, schloss auch MDS sein Umsonstblatt.
Den Leser nicht überfordern
Vier Jahre später versuchte der Verlag mit Köln direkt eine Tageszeitung im Tabloidformat für ein jüngeres Publikum zu etablieren – nach 16 Monaten nahm er das journalistisch durchaus ambitionierte Blatt wegen schlechter Anzeigenerlöse vom Markt. Nun also der nächste Anlauf. Die Startauflage von Xtra liegt bei 40.000 Exemplaren. Die Redaktion ist bemüht, die LeserInnen nicht zu überfordern. Kommentare oder politische Meinungen gibt es nicht, auch Nachrichten kommen kaum vor.
Wer tatsächlich glaubt, damit die 19- bis 39-Jährigen gewinnen zu können, scheint von dieser Altersgruppe nicht viel zu halten. Aber Schmidt ist überzeugt: „Unsere Leser wollen das so.“ Das habe die Marktforschung ergeben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wirtschaft warnt vor rechts außen
Moderne Firmen halten nichts von der AfD
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?