piwik no script img

Dschihad im InternetHacker outen den IS als schwul

Ein Hacker-Kollektiv hat IS-Twitter-Accounts gekapert und diese mit Regenbogenfahnen und Links zu Schwulenpornos bestückt.

Früher islamistische Propaganda, heute lebensbejahende Gay-Pride Botschaften Screenshot: taz

Berlin taz | Etwa 200 Twitter-Accounts heißen seit Mittwoch „Jacked by a Ghost“, was etwa „Beraubt von einem Geist“ bedeutet. Der Hacker WauchulaGhost ist bereits seit mehreren Monaten dabei, IS-Konten zu übernehmen und darüber Bilder, Texte und Links zu verbreiten, die mit dem islamistischen Terrorismus nichts zu tun haben. Namentlich: Pornografie.

Nach dem Attentat auf einen LGBTI-Club in Orlando am Wochenende hat er seine Strategie nun leicht geändert. Die Accounts von IS-Anhängern zeigen jetzt Regenbogenflaggen, gay-pride-Botschafen und Links zu Schwulenpornos.

WauchulaGhost bekennt sich selbst zum Hacker-Kollektiv Anonymous und arbeitet mit zwei Kollegen zusammen, die sich Ebony und Yeti nennen.

Er antwortet mit seiner Aktion auf die Propagandaschwemme des IS, die den Anschlag mit 49 Toten guthieß, den Opfern gegenüber Häme verbreitete und das alte islamistische Muster bediente: Alle Ungläubigen müssten sterben, niemand sei mehr sicher und Allah sei groß.

„Ich habe es für diejenigen getan, die in Orlando ihr Leben verloren haben“, sagte WauchulaGhost dem US-Newsportal Newsweek. „Daesh hat den Angriff verbreitet und gelobt, also habe ich beschlossen, diejenigen zu verteidigen, die wir verloren haben. Wir werden es nicht tolerieren, wenn Unschuldigen das Leben genommen wird.“

Gegen den IS, nicht gegen Muslime

Nun erreicht Pornografie über Twitter nicht nur islamistische Extremisten, sondern auch Kinder und Muslime, die mit Terrorismus nun gar nichts zu tun haben. „Ich möchte klarstellen, dass wir keine explizite Pornografie nutzen. Unser Ziel ist es nicht, Muslime zu beleidigen. Unsere Aktionen richten sich gegen jihadistische Extremisten. Viele von uns sind selbst Muslime und wir respektieren alle Religionen, die keine unschuldigen Leben nehmen“, sagte WauchulaGhost, der seine Identität und seinen Wohnort nicht preisgeben möchte.

Viele der gehackten Accounts wurden mittlerweile von Twitter gesperrt. Angeblich hat das soziale Netzwerk seit 2015 bereits über 125.000 Konten von Extremisten unzugänglich gemacht.

„Jack off“ heißt übrigens auch „ sich einen runterholen“ – „Jacked by a Ghost“ weist also auch eine gewisse Doppeldeutigkeit auf, wobei offenbleibt, ob da eine Absicht hintersteht. Trotzdem zeigen nun hunderte Accounts von IS-Anhängern die Sprüche „I'm gay and I'm proud“ und „Out and proud“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • „Ich möchte klarstellen, dass wir keine explizite Pornografie nutzen. Unser Ziel ist es nicht, Muslime zu beleidigen. Unsere Aktionen richten sich gegen jihadistische Extremisten. Viele von uns sind selbst Muslime und wir respektieren alle Religionen, die keine unschuldigen Leben nehmen“ – was für eine bigotte, arschkriecherische Scheiße ist das denn? Der gute Muslim soll nicht durch eklige Schwule – ihhh, Sex! - beleidigt werden, der böse Jihadist aber schon? Das ist ja wohl zum Kotzen! Diese „respektvollen“ Hackermuslime sollen bloß bleiben, wo der spießigste Pfeffer wächst. Und dann dort unschuldigen Opfertieren zum Opferfest das Leben nehmen. Schwule zum Instrument solcher Perfiderie zu machen, ist widerlich. Echt, was für eine gequirlte Kacke.

  • Ich bin mir fast sicher, dass in diesem Hacker*innen-Kollektiv keine homosexuelle/ queere Person ist. Denn diese hätte wahrscheinlich angemerkt, dass es nicht so cool ist 1. Homosexualität als Provokation/ Beschimpfung/ Beleidigung zu verwenden und 2. Noch mehr Hass gegen queere Leute zu schüren (amusing wird der IS die Aktion nämlich nicht finden). In diesem Sinne: yeaa Hacktivism, aber bitte nicht auf Kosten von Minderheiten, die eh schon ständig einen drauf kriegen.

  • Wobei WauchulaGhost damit bestimmt richtig liegt. Wer über küssende Männer derart ausrastet, der möchte doch selber gerne mal genau dasselbe machen. Wovon man angetriggert wird, sagt mehr über einen selbst aus als über den "Auslöser". Zumal der Täter vorher ja auch öfter in diesem Gay-Cub gesehen worden ist. Das nennt man dann wohl aggressive Abwehr eigener Bedürfnisse.

    • @scaspener:

      Islamisten rasten auch über Karikaturisten, Juden oder Christen so aus, dass sie diese umbringen. Heißt das nun, die wollen auch jüdisch, christlich und witzig sein? Oder unterdrücken ihre jüdisch-christlich-witzige Ader?