piwik no script img

Drohungen gegen FlüchtlingsunterkünfteBürgerwehr, Blockade und Galgen

In Dresden blockierten Rechte mehrere Tage lang eine Turnhalle. In Schwanewede laufen Rechtsextreme „Streife“ vor einer Unterkunft.

Flüchtlinge an der geplanten Unterkunft in Dresden. Kurz vorher wurde die Sitzblockade geräumt Foto: dpa

Dresden/Schwanewede dpa/rtr | Die mehrtägige Sitzblockade vor einer als Flüchtlingsunterkunft vorgesehenen Turnhalle in Dresden ist von der Polizei beendet worden. Sechs Menschen seien weggetragen worden, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag.

Seit Tagen hatten mehrere Rechte den Zugang zur Turnhalle blockiert, um den Einzug von Asylsuchenden zu verhindern. Rund 100 Beamte waren am Donnerstagmorgen im Einsatz, alles sei ruhig geblieben, erklärte ein Sprecher. Das Gelände wurde von der Polizei mit Bauzäunen abgesperrt.

Kurz nach der Räumung trafen am Vormittag die ersten rund 40 Geflüchteten ein. Kurze Zeit später verließen sie die Unterkunft aber wieder, weil sie mit den Bedingungen der Unterbringung nicht einverstanden waren, wie ein Stadtsprecher sagte. Nun werde mit Hilfe eines Dolmetschers das Gespräch mit den Flüchtlingen gesucht.

In Niedersachsen geht dagegen die Bürgerwehr auf die Straße: Rechtsextreme vor einer Flüchtlingsunterkunft in Schwanewede haben die Polizei auf den Plan gerufen. „Wir schauen uns das ganz genau an“, sagte Polizeisprecher Helge Cassens am Donnerstag. Seit einigen Wochen schon läuft in der Gemeinde nahe Bremen eine Gruppe abends Streife vor dem Flüchtlingsheim und im Ort, um die Einwohner vor angeblichen Gefahren zu schützen.

„Das sind Fremde“

Darunter befinden sich nach Polizeiangaben auch bekannte Rechtsextreme aus der Region. Laut Schwanewedes Bürgermeister Harald Stehnken (SPD) beteiligt sich an den Streifzügen niemand aus dem Ort. „Das sind Fremde“, sagte er. Zugleich wies Stehnken Gerüchte zurück, denen zufolge Flüchtlinge kriminell geworden sein sollen. In Schwanewede leben seit September rund 1000 Flüchtlinge in einer alten Kaserne.

Eine weitere Drohung gegen Flüchtlinge in Sachsen Anhalt vom Wochenende wurde erst jetzt bekannt: Unbekannte haben eine Galgenattrappe nahe einer Flüchtlingsunterkunft in Möckern aufgestellt. Der Galgen sei an einem Verkehrsschild befestigt gewesen, teilte die Polizei in Magdeburg mit. Polizeibeamte hätten die Attrappe am Sonntag entfernt. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden, sagte der Sprecher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Sechs Menschen seien weggetragen worden, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. [...] Rund 100 Beamte waren am Donnerstagmorgen im Einsatz"

     

    Das versteh ich nicht.

  • Nein, es war nicht die humanitäre Geste Merkels. Es ist ein tief verwurzelter, fast mit Geburt weitergegebener einst von Biermann besungene "tägliche kleine Faschismus" des ordentlichen Bürgers der sich hinter angeblicher Besorgtheit, Angst usw. versteckt. Und genau diese braune Geisteshaltung wird seit mehreren Jahren nicht nur von den offentsichtlichen Nazis, sondern auch von bestimmten Politikern, insbesondere aus Bayern und Sachsen bedient und verstärkt. Von Aufrührern die diese schwierige Situation ausnutzen. Am rechten Rand fischen. Und dabei in Kauf nehmen, daß eben durch ihre "sorgenvolle" Hetze Brandstifter durch' s Land ziehen und fremde Menschen töten wollen. Die eigentlichen " Kriminellen" berufen sich eines Tages auf diese "Befehle" von oben. Schließlich hätten sie mit Billigung und Unterstützung derer gehandelt. Das Alles hatten wir schon einmal. Nur waren es Juden und keine Flüchtlinge. Aber was macht das schon. Dem braunen Mob ist es egal wie und wo und an wem er seinen Hass auslässt. Heute an Flüchtlingen, morgen an Homosexuellen, übermorgen an was auch immer. Sieht man sich die hasserfüllten Fratzen genauer an, [...] Kommentarteil entfernt. Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl. Die Moderation

  • [...] Kommentar entfernt, bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl. Die Moderation

  • Hm, mit so etwas habe ich dann aber doch auch so ein wenig Bauchschmerzen: "Kurze Zeit später verließen sie die Unterkunft aber wieder, weil sie mit den Bedingungen der Unterbringung nicht einverstanden waren."

     

    Glücklicherweise habe ich nie einen Krieg erlebt, kann aber sehr gut verstehen, warum man jetzt gerade aus z.B. Syrien fliehen möchte (Drohnenaufnahmen aus Damaskus sollten selbst den Unempathischsten unter uns zeigen warum man versucht da wegzukommen).

     

    Zugegebenermaßen kennen wir jetzt die "Bedingungen der Unterbringung" nicht. Gut, eine Turnhalle ist jetzt erstmal nicht wirklich die tollste Unterbringung, dauerhaft sollte da niemand wohnen müssen, aber dort gibt es üblicherweise hinreichend viele Duschen und Toiletten. Trocken ist es zudem.

     

    Ging es nicht in erster Linie darum, vor dem Krieg oder anderer Verfolgung zu flüchten? Dafür tut es doch erstmal eine Turnhalle in einem nicht-Kriegsgebiet.

    Stellen Flüchtlinge jetzt direkt Ansprüche, dann geben sie damit nur Wasser auf die Mühlen der "Asylkritiker".

     

    Kann man den Geflüchteten vielleicht auch irgendwie mal vermitteln, dass es hier auch nicht unbedingt unendlich viel bezahlbaren Wohnraum gibt, auch nicht für die Einheimischen? Ich bekomme manchmal den Eindruck, als erwartete manch geflüchteter Mensch hier paradiesische Bedingungen. Schon herbstliche Temperaturen scheinen eine völlige Überraschung zu sein. Öffenbar kommen Menschen mit völlig falschen Vorstellungen hier her. Da müsste man mal was tun!