Drogenkonsum in der Geschlossenen: Mordversuch in Haft

In der Forensik soll ein Patient versucht haben, einem Mitinsassen die Kehle durchzuschneiden. Nun wird wegen versuchten Mordes verhandelt.

Mann steht an einem vergitterten Fenster in einem karg eingerichteten Raum

Mann in einer forensischen Psychiatrie: hier im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn Foto: dpa

BREMEN taz | Weil er versucht haben soll, einem Mitgefangenen die Kehle durchzuschneiden, steht Thorben K. seit Dienstag wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht. Mit einer eigens dafür beschafften Glasscherbe soll der 30-jährige Angeklagte im April vergangenen Jahres in der Forensik am Klinikum Bremen-Ost in das Zimmer von Hayo M. gegangen sein.

Das Opfer sagt aus, er habe mit dem Rücken zur Tür gesessen als er hörte, wie sich jemand nähere. K. habe ihm dann den Kopf nach hinten gezogen und mit der Scherbe geschnitten: Vier Zentimeter tief und zwölf lang. Dabei soll K. Winterhandschuhe getragen haben – wohl um sich nicht selbst zu verletzen.

K. bestreitet den Vorwurf zwar nicht, wird sich ausführlich aber erst in den nächsten Prozesstagen äußern. Sehr wahrscheinlich ist, dass K. von dem Opfer vorab Drogen, vermutlich Cannabis, gekauft hat, die Lieferung aber nicht bezahlte. Um zehn Euro sei es dabei gegangen, sagt M., der sich ansonsten aber an nicht mehr viel erinnern konnte. Möglicherweise hat das spätere Opfer M. K. deshalb bedroht.

PsychiatriekritikerInnen hatten bereits vor dem Prozessauftakt Kontakt mit dem Gericht aufgenommen, um die Frage in den Mittelpunkt zu rücken, warum bei diesen Gefangenen in der Forensik keine Pflegekräfte vor Ort waren. Die Patienten, so der Vorwurf, seien oft über Stunden sich selbst überlassen.

Ob K. zur Tatzeit psychotisch war, ist unklar.

In diesem Fall kamen Pflegekräfte dazu, weil ein anderer Patient auf den blutenden M. aufmerksam wurde und daraufhin zum Flurtelefon lief und die Pfleger anrief. „Die Klinik will, dass wir immer überall sind“, so ein Pfleger im Zeugenstand – „aber dafür bräuchten wir viel mehr Leute.“ Notruf­systeme über das Telefon hinaus hätten sich nicht bewährt, weil sie immer wieder von PatientInnen zerstört worden seien.

Die von der „Psychiatriekritischen Gruppe“ erhobenen Vorwürfe betreffen aber nicht nur die unmittelbare Sicherheit: Obwohl viele PatientInnen der Forensik massive Drogenprobleme haben, werden entsprechende Therapien dort nicht regelhaft angeboten. Vor ein paar Jahren hätten PatientInnen darum sogar angefangen, selbstständig entsprechende Gruppen zu organisieren.

Drogenhandel istin der Forensikallgegenwärtig

Ob K. zur Tatzeit psychotisch war, ist unklar. Vor und nach der Tat soll er sich ruhig verhalten haben, so der Pfleger, und sich mit erhobenen Händen gestellt haben. Bisherige Rückfälle des ehemals Schizophrenen standen im Zusammenhang mit Drogenkonsum. Obwohl auch K.s jährliche Anhörungen immer wieder zu dem Schluss kommen, dass Abstinenz Voraussetzung für Heilung wäre, konsumiert er auch in der Forensik weitgehend ungehindert weiter – so wie viele Mitinsassen.

Warum K. nach der Tat Beruhigungsmittel angeboten wurden, wollten eine sichtlich irritierte Richterin und die Staatsanwältin von dem Pfleger wissen, wenn er doch einen so ruhigen Eindruck gemacht habe. „In so einer Situation muss man etwas machen“, so der Pfleger. Und das heißt offenbar: Medikamente.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.