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Drogenkartelle in Mexiko29 Tote nach Festnahme

In Mexiko haben Sicherheitskräfte Ovidio Guzmán, einen der Söhne des Drogenbosses „El Chapo“ gefasst. Die Folge sind heftige Auseinandersetzungen.

Auf den Straßen von Culiacán kam es nach der Festnahme von Ovidio Guzmán zu Ausschreitungen Foto: Martin Urista/dpa

Culiacán/Mexiko-Stadt dpa/ap/afp | Bei der Festnahme eines Sohnes des inhaftierten Drogenbosses Joaquín „El Chapo“ Guzmán in Mexiko sind nach Regierungsangaben 29 Menschen getötet worden. Bei den Todesopfern handele es sich um zehn Militärangehörige und 19 „Gesetzesbrecher“, sagte Verteidigungsminister Luis Cresencio Sandoval am Freitag. Ovidio Guzmán war am Donnerstag in der Stadt Culiacán im Bundesstaat Sinaloa gefasst worden, anschließend hatten sich mutmaßliche Mitglieder von Guzmáns Drogenkartell heftige Feuergefechte mit Sicherheitskräften geliefert.

Ovidio Guzmán hatte nach der Festnahme seines Vaters mit seinen Brüdern einen Teil des Sinaloa-Kartells übernommen und galt als einer der wichtigsten Händler der Droge Fentanyl in dem lateinamerikanischen Land.

Ovidio Guzmán ist ein mutmaßlicher Drogenschmuggler, der von den USA gesucht wird. Im Oktober 2019 war ein anderer Einsatz, um ihn festzunehmen, abgebrochen worden, weil es zu ähnlicher Gewalt durch Drogenkartellmitglieder kam. Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador ordnete damals an, dass das Militär Guzmán gehen lässt.

Guzmán Junior wurde nach Mexiko-Stadt gebracht

Der Festnahme am Donnerstag sei eine sechsmonatige Überwachung vorausgegangen, sagte Sandoval. Ovidio Guzmán sei ein Anführer eines Teils des Sinaloa-Kartells namens „los menores“ (die Jüngeren). Nach seiner Festnahme wurde Guzmán Junior mit einer Maschine der Luftwaffe nach Mexiko-Stadt gebracht. In einer US-Anklage wird Guzmán eine Verschwörung zur Verteilung von Kokain, Methamphetamin und Marihuana in den USA vorgeworfen.

Der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard bestätigte, dass die USA sein Land im Jahr 2019 um die Festnahme Guzmáns zum Zweck seiner Auslieferung baten. Der Antrag müsse aktualisiert und bearbeitet werden, zuerst müsse sich Guzmán aber für einen offenen Fall in Mexiko verantworten, sagte der Minister. Anfang des vergangenen Jahres hatten die USA eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für Informationen ausgesetzt, die zur Festnahme oder Verurteilung Guzmans führen.

Menschen sollten in ihren Häusern bleiben

Auch nach dem Zugriff am Donnerstag kam es in Culiacán zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen mutmaßlichen Bandenmitgliedern und den Sicherheitskräften. Verdächtige stellten Busse und Lastwagen auf Straßen quer und steckten die Fahrzeuge in Brand. Schulen und öffentliche Gebäude wurden geschlossen. Gouverneur Rubén Rocha Moya rief die Menschen auf, in ihren Häusern zu bleiben.

„El Chapo“ war einer der mächtigsten Drogenhändler der Welt. Der frühere Chef des Sinaloa-Kartells schmuggelte tonnenweise Kokain und Heroin in die USA und verdiente damit Milliarden. Zudem soll er für bis zu 3.000 Morde verantwortlich gewesen sein. Zwei Mal brach er aus Hochsicherheitsgefängnissen in Mexiko aus. Nach seiner letzten Festnahme wurde er in die USA ausgeliefert und dort zu lebenslanger Haft verurteilt.

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5 Kommentare

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  • Mexico gehört zu den sog. Narcostaaten. Da gibt es Verflechtungen und es passieren Dinge, die wir uns hier kaum vorstellen können..

    Sehr empfehlenswert zu dem Thema: die gleichlautende Serie "El Chapo" (derzeit kostenlos auf Youtube (im History Channel)).

  • Was in Mexiko gerade geschieht ist Terrorismus. Grauenhaft. Und im Zusammenhang dieser Auseinandersetzungen sterben jedes Jahr Tausende, teils Zehntausende Menschen. Die Kartelle stehen in Brutalität Organisationen wie dem IS in nichts nach. Finanziert auch direkt aus Deutschland. Kein relativieren und „was wäre wenn Legalisierung…“ führt daran vorbei, dass in dieser Situation jeder Kauf von illegalen Drogen wie Kokain oder mit genannten Fentanyl aus diesen Quellen (+gestreckten Drogen) massiv unmoralisch und unsolidarisch ist. Einige der Kugeln, die heute dort geflogen sind, wurden auf deutschen Clubtoiletten bezahlt.

  • Kaum anzunehmen, dass die freigewordene Planstelle lange unbesetzt bleibt. Ähnlich wie in der Politik wird es einen Machtkampf zwischen denen geben, die sich als einzig würdige Nachfolger fühlen. Aber es wird schneller gehen, weil blaue Bohnen wichtigstes Verhandlungsargument sind. Die „Endkunden“ werden kaum etwas davon mitbekommen, sie werden wie immer ihren Stoff gegen Bezahlung kriegen. Denn jeder in der Firmenhierarchie ist scharf auf die Einnahmen.

  • Gleichzeitig hat Guzman wie auch der Chef vom Medellin-Kartell früher viel Geld in seine Nachbarschaft gesteckt, daher die vielen Anhänger in diesem perspektivenarmen Land. Und was interessieren diese Anhänger Drogentote und Drogenkriminalität in den USA, einem Land, dass scheinbar viel gegen mexikanische Immigranten hat. Machodenke kommt auch dazu.



    Dieser Konflikt ist so vielschichtig wie der Nahostkonflikt. Lösung gibt es nur theoretisch, besteht in Annäherung von lebensverhältnissen blabla, hat mit fairem Umgang, fairem Handel usw. zu tun, und wird es nicht geben. Wer macht den ersten Schritt? Die Regierung Mexikos handelt hier völlig richtig. Sie ist aber nicht die primäre Ursache für das kriminelle Handeln und kann diesen Konflikt nicht abstellen.

  • Was ist eigentlich mit dem Vermögen von "El Chapo"?



    Was ich nicht ganz verstehe ist, dass immer noch im großen Maßstab Kokapflanzen angebaut werden.



    Mit neuester Infrarottechnologie über Satellit kann man die Pflanzungen gut ausmachen. Ein paar Hubschrauber mit brennbarer Flüssigkeit an Bord könnte das Problem Stück für Stück lösen.



    Aber wahrscheinlich läuft es wie in Afghanistan. Dort hat man die Drogenbarone, die ja auch in der obersten Spitze der Regierung saßen, nicht angetastet.



    Ein Argument war, die Bauern würden mit Getreide und Kürbis nicht genügend Geld verdienen, deshalb der Mohnanbau.



    Super Logik.