Dritte Liga: Zum Aufstieg fehlen noch Lampen
Holstein Kiel hat das Verfolgerduell im Aufstiegskampf gewonnen. Das Heimspiel gewannen die Norddeutschen am Samstag gegen die SG Dynamo Dresden mit 1:0.
KIEL taz | Es war der ideale Moment für ein Gefühl der Zufriedenheit. Auf den Tribünen des Kieler Holstein-Stadions standen die Zuschauer und applaudierten ihren „Störchen“ für eine großartige Leistung im Heimspiel gegen Dynamo Dresden, das dank eines Tores von Manuel Schäffler (76.) verdient mit 1:0 gewonnen wurde – und die häufiger mal krawallfreudigen Dresdner Anhänger randalierten nicht, sondern schwiegen. In diesem Augenblick zündete sich Roland Reime, der 69 Jahre alte Präsident des Kieler Sportvereins von 1900, im Eingangsbereich zum Stadioninneren einen Zigarillo an, um den Genuss noch zu intensivieren.
Einige Schritte von ihm entfernt stand Geschäftsführer Wolfgang Schwenke (46). Auch er lauschte selig den Gesängen des Kieler Publikums, auch er verfolgte genau, wie die Spieler des Teams über den Rasen rannten, juchzten und sich auf ihrer Ehrenrunde feiern ließen. Reime und Schwenke lächelten vergnügt, als der Gesang der KSV-Fans noch einmal an Intensität gewann. Dieses Lied war schon während der Partie immer wieder intoniert worden. Der Text geht so: „Was heißt denn hier unmöglich? Ja, ihr werdet es schon sehen. Wir holen die Meisterschaft und auch den DFB-Pokal – Holstein Kiel in-ter-na-tio-nal!“
Ganz so weit ist es natürlich nicht, dass der Klub in absehbarer Zeit in einem internationalen Wettbewerb reüssieren könnte. Aber der Sprung in eine andere Dimension auf nationaler Ebene ist längst keine Utopie mehr. Spätestens nach dem Heimsieg gegen Dresden vor 7.008 Zuschauern deutet alles darauf hin, dass Kiel im Kampf um den Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga eine spannende Rolle einnehmen wird. Holstein steht mit 40 Punkten auf dem sechsten Tabellenplatz. Dresden wurde mal eben überholt. Der Rückstand auf den Relegationsrang beträgt nur noch drei Zähler.
Es ist vor allem die sagenhaft stabile Defensive, die Träume vom Aufstieg reifen lässt. Nur 17 Treffer haben die Kieler in 25 Partien kassiert, das ist ganz eindeutig Liga-Bestmarke. Die Rückkehr nach 34 Jahren in die Zweitklassigkeit ist möglich. Selbst Trainer Karsten Neitzel fällt es schwer, die Euphorie zu dämpfen. „Es ist jetzt eine Phase, nun gut, es ist eine beängstigend lange Phase, in der wir konstant gut Fußball spielen“, sagte er.
Schwenke wagte dezent einen Ausblick darauf, was sein könnte. „In der Liga ist alles möglich. Wir genießen den Moment und schauen uns das genau an, was da oben in der Tabelle passiert. Ich mache mir keine großen Gedanken, was sein könnte“, beteuerte der frühere Handball-Profi des THW Kiel. Gleichwohl beantwortete er die Frage, was am Holsteinstadion zu tun wäre, sollte der Aufstieg gelingen. „Da käme jetzt nicht so viel auf uns zu. Es müsste etwas am Flutlicht gemacht werden. Jetzt haben wir 800 Lux, gefordert sind in der Zweiten Liga 1.200 Lux. Wir müssten also noch ein paar Lampen oben anhängen“, sagte Schwenke. Auch der Medienbereich auf der Haupttribüne wäre zu vergrößern. Der Gästeblock, der in einer Kurve weiter von den anderen Tribünen entfernt ist, würde aber nicht neu gebaut und näher an der Spielfeld geholt werden. Schwenke: „Das wäre ja eine große bauliche Maßnahme, das wollen wir nicht.“
Auch Präsident Reime ließ erkennen, dass er sich insgeheim Gedanken über die Zweite Liga gemacht hat. „Wenn sich die Chance ergeben sollte, werden wir auch versuchen, sie zu nutzen“, sagte er. Der Klubboss schaut längst nicht mehr darauf, wie Großaspach, Rostock, Mainz II oder Dortmund II gespielt haben. Die Abstiegszone ist weit weg. Kiel steht in Konkurrenz zu anderen Teams: Bielefeld, Duisburg, Münster, Erfurt und die Stuttgarter Kickers befinden sich in der Tabelle noch vor den „Störchen“, denen gegen Dresden bereits das 13. Saisonspiel ohne Gegentor gelungen ist. Noch in diesem Monat könnten die Kieler viel dafür tun, um die Euphorie weiter zu befeuern. Münster und Erfurt sind die nächsten Gegner. Es ist Spitzenspiel-Zeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden