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Drei weitere Karstadt-Filialen bleibenEs geht nicht um Arbeitsplätze

Jonas Wahmkow
Kommentar von Jonas Wahmkow

Der Berliner Senat präsentiert einen Deal zur Rettung von Karstadt-Filialen. Gewinner ist dabei nicht die Stadt, sondern der Immobilienkonzern Signa.

Klaus Lederer unterzeichnet den Vertrag zur Rettung von Karstadt-Filialen Foto: Paul Zinken/dpa

E s klingt erst einmal nach einer guten Nachricht: Drei weitere Standorte des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof sollen erhalten bleiben. So steht es zumindest in der Absichtserklärung zwischen Senat und Karstadt-Eigentümer Signa, die am Montag vorgestellt worden ist. Erleichtern dürfte das vor allem die Hunderte Angestellten, denen im Zuge des Insolvenzverfahrens des Unternehmens der Verlust ihres Arbeitsplatzes drohte.

„Ein guter Tag für Berlin“ also, wie es der Regierende Bürgermeister Michael Müller auf der Pressekonferenz präsentiert?

Mitnichten, denn liest man das Kleingedruckte in der Absichtserklärung, wird klar, dass der Senat dem österreichischen Immobilienkonzern Zugeständnisse bei der Realisierung einiger Großprojekte gemacht hat. So nutzt Signa die Insolvenz seiner Warenhaussparte schamlos aus, um sein umstrittenes Monumentalprojekt am Hermannplatz gegen Widerstände aus dem zuständigen Bezirk und gegen Proteste und Vorbehalte der Zivilgesellschaft durchzudrücken.

Geschacher nährt Zweifel

Ein solches Geschacher nährt Zweifel daran, wie viel dem österreichischen Konzern, dessen Kerngeschäft prestigeträchtige Immobilien sind, tatsächlich am Erhalt seiner Warenhaussparte gelegen ist. Schließlich wurde Karstadt schon in der Vergangenheit von Investor zu Investor herumgereicht, ohne dass sich viel an den grundlegenden Problemen der Warenhauskette verändert hätte. Ob der Deal wirklich langfristig Arbeitsplätze sichert, ist daher mehr als fraglich.

Sicher ist hingegen, dass die Bauvorhaben, die Signa jetzt dank der Vereinbarung umsetzen könnte, das Stadtbild dauerhaft prägen werden – insbesondere der überdimensionierte 20er-Jahre-Nachbau am Hermannplatz.

Ob die Karstadt-Angestellten ihren Job verlieren, dürfte Signa egal sein: Ihre Arbeitsplätze sind in erster Linie Verhandlungsmasse, aus denen sich politisches Kapital schlagen lässt, um das eigene Immobiliengeschäft zu stärken.

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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6 Kommentare

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  • Danke R2G für gar nichts, diese Regierung zeigt, dass Wahlen gar nichts ändern - das hätte die CSU nicht besser hinbekommen können.



    Danke TAZ für den Artikel, der andere Teil der Berliner Presse ist ja momentan eher mit Lompscher Bashing beschäftigt, in freudiger Erwartung, dass Berlin jetzt wieder für "Investoren" attraktiver wird.

  • "Ein solches Geschacher nährt Zweifel daran"

    Geschacher also:

    www.juedische-allg.../kultur/schachern/

  • Hab noch nicht so richtig verstanden, was an dem 1920er Jahre Karstadt Revival am Herrmannplatz so schlimm sein soll...

    • @Frank Roger:

      Ich schreib mal eines der Argumente, was mir wichtig ist. Revivals sind selten, hier wäre es nur eines der Fassade und nachdem man damals – ich sag mal – eine King-Kong Version bevorzugt hat, ist das auch rein äußerlich nichts für unsere Zeit der Klimakatastrophe. Karstadt würde in dem Multikommerzbau auch keine große Rolle mehr spielen. Genau – das Glücksspiel eines Oligarchen: ich radiere aus, baue etwas Monströses, was das Viertel sprengt und bin dann entweder der King oder das A...loch und lass mich nicht mehr sehen.

    • @Frank Roger:

      Hab ich auch nicht verstanden.



      Manche nennen das Bauvorhaben wohl auch gentrifizierender Kommerz-Imperialismus - oder so...