DrehbuchautorInnen mit Aufruf: Es gilt „Kontrakt 18“
Deutsche DrehbuchautorInnen fordern eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Die ProduzentInnen geben sich diskussionsbereit.
Endlich auf kreativer Augenhöhe wollen Drehbuchautoren und -autorinnen in Deutschland mit ihren Auftraggebern arbeiten. Deshalb haben 179 von ihnen bis 28. Juni eine Selbstverpflichtung unterschrieben. Unter dem Stichwort „Kontrakt 18“ verpflichten sich die UnterzeichnerInnen, künftig sechs zentrale Punkte zur Stärkung ihrer Mitarbeit in ihre Vertragsverhandlungen aufzunehmen.
Es geht darum, wer die Verantwortung des Buchs bis zur endgültigen Drehfassung trägt, um das Einbeziehen der AutorInnen in die Besetzung der Regie, um Leseproben und Rohschnitte. Seit 1. Juli ist die Selbstverpflichtung der UnterzeichnerInnen nun offiziell in Kraft getreten.
International gehören ihre Forderungen längst zum Standard. Im Zeitalter der großen Serienproduktionen gelten die AutorInnen gemeinhin als die kreative Anlaufstelle für alle Bereiche der Produktion. In Deutschland sprechen viele von ihnen dagegen immer noch von regelmäßigen Gängelungen und davon, dass man sie zu Dienstleistern degradiere.
Prominente Unterstützung
Initiatoren und UnterzeichnerInnen wie Annette Hess, Eva und Volker A. Zahn oder Dorothee Schön gehören zu den wichtigsten TV-AutorInnen in Deutschland und verleihen dem Anliegen ein entsprechendes Gewicht.
Auch Orkun Ertener ist einer der Mitbegründer der Bewegung. Er ist nicht nur routinierter „Tatort“-Autor, er hat auch mit der von ihm entwickelten Serie „KDD – Kriminaldauerdienst“ bereits 2007 im ZDF gezeigt, dass es hierzulande schon früh möglich gewesen wäre, erzählerisch auf internationales Niveau aufzuschließen. Ein unglücklicher Sendeplatz und entsprechend schlechte Quoten ließen das Projekt jedoch nach drei Staffeln scheitern.
„Die Reaktionen sind häufig positiv“, fasst Ertener die bisherigen Rückmeldungen zum Vorstoß der Autoren zusammen. „Produzenten, Regisseure, Schauspieler hinterlassen auf unserer Seite Statements, die uns unterstützen. Auf dem Filmfestival in München werden prominente Produzenten wie Oliver Berben und Michael Polle ebenfalls Stellung nehmen, und wahrscheinlich durchaus positiv.“
Tatsächlich hat „Kontrakt 18“ schnell namhafte Supporter gefunden. Schauspielerin Maria Furtwängler und ihr Kollege Henning Baum begrüßen das Anliegen ebenso wie Regisseur Christian Schwochow, der mit Headwriter Oliver Kienle gerade für den Serienerfolg „Bad Banks“ im ZDF verantwortlich war.
Eingeschränkt gesprächsbereit
Auch der Bundesverband Regie (BVR) zeigt sich solidarisch, warnt jedoch vor einem möglichen Kompetenzgerangel beider Gewerke. Auf Anfrage der taz äußert sich auch die Allianz Deutscher Produzenten: „Die mangelnde öffentliche Wertschätzung der DrehbuchautorInnen in Deutschland ist nicht zu leugnen“, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Uli Aselmann. „Mit dieser Übereinstimmung haben wir unmittelbar nach Veröffentlichung von ‚Kontrakt 18‘ ein Gesprächsangebot gemacht, das zeitnah stattfinden wird.“
Aselmann macht jedoch auch von vornherein klar, dass es für ihn Grenzen gibt. „Wir können nicht von unserem unternehmerischen Selbstverständnis abweichen, dass der Filmhersteller als derjenige, der das gesamtwirtschaftliche Risiko einer Film- oder Fernsehproduktion trägt, abschließend entscheiden muss, unter welchen Parametern und mit welchen kreativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern er die Produktion herstellt.“
Zu welchen Auseinandersetzungen es in der Praxis kommen kann, wird sich also erst bei den ersten Vertragsabschlüssen zeigen. „Ich glaube, dass es in der konkreten Arbeit und der konkreten Umsetzung noch einige Konflikte geben wird, und ich persönlich freue mich darauf“, so Erteners Einschätzung zum möglichen Gegenwind vonseiten der Produzenten.
„Es gibt in den sozialen Medien durchaus Branchenkollegen, die sehr durchschaubar argumentieren oder etwas emotionaler. Aber das mag auch daran liegen, dass die Punkte, die mit ‚Kontrakt 18‘ formuliert werden, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sind. Aber natürlich ist es für alle anderen bequemer, wenn Autoren Dienstleister bleiben und sich nichts ändert.“
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