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Drama auf LesbosTote nach Brand im Camp Moria

Bei der Explosion eines Gaskochers im Flüchtlingslager gingen am Freitag mehrere Zelte in Flammen auf. Zwei Menschen starben.

Der Brand im Lager Moria breitete sich schnell aus Foto: ap

Athen taz | In der Nacht zu Freitag sind im sogenannten Hot Spot Moria, einem Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos, eine 66jährige Frau und ihr 6jähriges Enkelkind ums Leben gekommen. Die vermutlich aus dem Irak stammende Frau wollte in ihrem Zelt kochen, als der Kochgasbehälter explodierte. Die Stichflammen reichten bis in das Nebenzelt, in dem der Enkel mit seinen Eltern und einem weiteren Geschwisterkind lebte.

Die 30jährige Mutter des toten Kindes und das 4jährige Geschwisterkind erlitten schwere Verletzungen und wurden mit dem Flugzeug in ein Athener Krankenhaus gebracht. Der Vater wird psychologisch betreut.

Der Minister für Migrationsangelegenheiten, Ioannis Mouzalas, drückte den Menschen sein Beileid aus und betonte, dass die Explosion überall hätte passieren können. „Dass es ausgerechnet in Moria war, lässt uns ein nur noch stärkeres Verantwortungsgefühl gegenüber den Menschen dort haben“, so Mouzalas.

Auch Ministerpräsident Alexis Tsipras sprach den Opfern in Moria sein tiefes Beileid aus. Die griechische Regierung werde alles dafür tun, um die Lebensqualität in den Unterbringungen zu steigern und die Sicherheitsvorkehrungen zu intensivieren, sagte er.

400 Menschen wurden obdachlos

„Das Feuer konnte zwar relativ schnell gelöscht werden, doch auch der materielle Schaden ist groß“, sagt Stella Nanou, Sprecherin der UN-Hilfsorganisation UNHCR. 20 große und 110 kleinere Zelte sowie zwei Container wurden durch die Flammen zerstört. Etwa 400 Menschen seien nun obdachlos.

Die meisten von ihnen rannten panisch aus den Zelten und hätten ihre letzten Habseligkeiten – darunter oftmals auch wichtige Dokumente – den Flammen überlassen müssen. „Wir versuchen nun gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen und NGOs, schnellstmöglich neue Zelte zu beschaffen“, so Nanou.

Bis dahin werden die Flüchtlinge und Migranten im nicht weit entfernten Camp Kara Tepe und in Wohnungen untergebracht, die von Hilfsorganisationen gestellt werden.

Um Rauchvergiftungen zu vermeiden, wurde das Camp von Polizisten geräumt. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen, Migranten und der Polizei, denn es kursierte das Gerücht, dass die Explosion eine Bombe gewesen sei.

Ein Feuerwehrmann berichtete im griechischen Staatsfernehen ERT, es seien während des Feuers weitere, kleinere Gasbehälter im Camp explodiert. Gaskocher sind in den Camps aus Sicherheitsgründen eigentlich nicht erlaubt. Das zu kontrollieren, ist bei angesichts der vielen Menschen jedoch kaum möglich.

Aktuell leben mehr als 4.000 Flüchtlinge und Migranten in Moria. Das Camp ist eigentlich für etwa 3.500 Menschen vorgesehen.

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2 Kommentare

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  • Die Einlassungen des Herrn Regierungssprechers zeigen mitunter eines: wieweit die Rechtsradikalen im BT schon den Diskurs der anderen Parteien infiltriert und vergiftet haben. Nicht umsonst bestehen deren Abgeordnete ja zumeist aus ehemaligen CDU und auch SPD-Mitgliedern. Oder vielleicht ist das Ganze noch als Wahlkampfhilfe für Höcke in Thüringen gedacht? Dafür sind die noch „Etablierten“ nicht gewählt worden.



    Insgesamt einfach: ekelhAfD!!!

  • Eine schreckliche Tragödie. Eine Mutter mit ihren Kindern, die Schutz vor Verfolgung suchte wird in der Regel als besonders vulnerabel eingestuft. Schlimm genug, dass solche Zustände im reichen und „aufgeklärten“ Europa überhaupt existieren und hingenommen werden. Zynischer noch die Reaktionen auf diese Tragödie. Statt den nicht zuletzt von der Bundesregierung mit Nachdruck geforderten „fairen Verteilmechanismus“ endlich durchzusetzen, empfiehlt die Bundesregierung schnellere Abschiebungen in die Türkei. Dies ist mal wieder keine Lösung, sondern bestenfalls eine Verlagerung des Problems.



    Die CDU geführte Regierung täte gut daran, ihrerseits ihren Teil des Türkei-Deals umzusetzen und mehr Geflüchtete von dort aufzunehmen oder wenigstens akute Nothilfe anzubieten. Stattdessen werden die Griechen noch mit „gut durchdachten“ Ratschlägen überzogen. Dass die griechische Regierung in dieser Situation irgendeine Form des Aktionismus vortäuscht, indem sie ankündigt, die Asylanträge schneller zu bearbeiten und „natürlich“ schneller abzuschieben, ist zwar naiv aber noch irgendwie nachvollziehbar. Die Besserwisserei aus Berlin nicht mehr. Nach zaghaften Schrittchen in der Seenotrettung muss nun eine reale Entlastung der Hauptankunftsländer erreicht werden, durch z. B. Aussetzen oder Reform der Dublin-Abkommen.



    Soll es halt in der Türkei brennen, ist noch weiter weg, also aus den Augen aus dem Sinn??? Die Türkei hat gut die 3-4fache Menge dessen aufgenommen, was die BRD während des Sommers der Migration erreichte und sie beginnt damit, syrische Geflüchtete zurück nach Syrien zu deportieren. Also wird Türkei zu einem großen „Verladebahnhof“ für Menschen. Nicht nur eine humanitäre, sondern auch eine ökologische Katastrophe!