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Dorfrat in Indien befiehlt VergewaltigungBrutale Strafe für verbotene Liebe

Eine Inderin verliebt sich in einen Mann eines anderen Stamms. Weil ihre Eltern die Geldstrafe dafür nicht zahlen können, wird sie auf dem Dorfplatz vergewaltigt.

Mehrere tragische Fälle haben eine Protestwelle gegen Vergewaltigungen in Indien ausgelöst. Doch Opfer gibt es weiterhin Bild: ap

NEU DELHI dpa | Eine junge Inderin soll auf Befehl des Dorfvorstehers von zwölf Männern vergewaltigt worden sein. Die Tat sei eine Strafe gewesen, weil die 20-Jährige eine Beziehung zu einem Mann aus einer anderen Stammesgemeinschaft in Westbengalen hatte, sagte Polizeisprecher Prasanta Chowdhury am Donnerstag. Die Polizei habe 13 Männer festgenommen, die junge Frau liege im Krankenhaus.

Der Stammesführer rief nach Polizeiangaben einen Rat aus Gemeindemitgliedern auf dem Dorfplatz zusammen, nachdem die junge Frau mit ihrem Freund gesehen worden sei. „Das Mädchen und ihr Liebhaber wurden an zwei Bäume gebunden und der Rat entschied, dass die beiden wegen ihrer Affäre jeweils 25.000 Rupien (etwa 300 Euro) Strafe zahlen müssen“, sagte Chowdhury weiter.

Als die Eltern erklärten, sie hätten das Geld nicht, und der junge Mann um mehr Zeit bat, habe der Dorfvorsteher die Vergewaltigung angeordnet. Daraufhin sollen Mitglieder der Dorfgemeinschaft am Montag über die Frau hergefallen sein. „Auf seine Anweisung hin, haben mich zehn bis zwölf Männer am laufenden Band vergewaltigt, darunter mehrere aus einer Familie. Ich konnte nicht zählen, wie oft“, sagte die junge Frau dem Nachrichtensender NDTV.

Derartige inoffizielle Scheingerichte sind in Indien auf dem Land nicht ungewöhnlich. Die Anführer der Gemeinschaften genehmigen auch immer wieder Morde an jungen Pärchen, die außerhalb ihrer Kaste oder ihrer Religion heiraten oder gegen andere soziale Normen verstoßen.

Im gleichen Bundesstaat Westbengalen war erst vor wenigen Wochen eine Jugendliche gestorben, nachdem sie mehrfach vergewaltigt und angezündet worden war. Solche brutalen Attacken gegen Frauen stehen in Indien im Fokus der Öffentlichkeit, seit vor einem Jahr eine Studentin in einem Bus in der Hauptstadt Delhi so schwer misshandelt wurde, dass sie wenig später an ihren Verletzungen starb.

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9 Kommentare

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  • Nicht der Mensch, hier der männliche, ist das Problem. Das Problem sind kulturelle Verirrungen, denen er sich unterwirft während des Erwachsenwerdens.

     

    Es sind Verirrungen, in die er hineingeboren wird, die sein (nicht) Fühlen und (nicht) Denken begründen und so sein (Un-)Bewusstsein bilden. Es sind kollektive Verirrungen, die ihn innerlich gefangen halten, weil materielle und geistige Armut seine individuelle Progression hemmt. Was sich dann in solchen Ausbrüchen entlädt, das ist Kultur. Es ist die dreckige Seite derselben Medaille, die konservative Narren um jeden Preis bewahren wollen.

     

    Strafen sind nie Lösung des Problems, sondern nur Notlösung, um das eigentliche Problem nicht anzutasten. Denn eine Auseinandersetzung mit diesem würde den notwendigen Wandel der Kultur erkennbar machen. Doch den Wandel fürchten jene, deren Selbst- und Weltbild aus nichts als kultureller Identifikation, verklärt zur Identität, besteht. Es sind die ewig selben, die Ewiggestrigen, zu finden in allen Kulturen: die selbsterklärten Kulturbewahrer. Es sind Feiglinge, die jeden Wandel als Ende ihrer kleingeistigen Welt fürchten.

     

    Weil sie noch nicht einmal begriffen haben, dass auch Kultur nur dann lebendig ist, wenn sie sich wandelt. Der Kulturstillstand dagegen, den sie anstreben, ist der wahre Tod. Diese Opfer sind Opfer, die dem Erhalt einer Kultur des Stillstandes und Todes erbracht werden. Genauso wie einst Göttern Menschenopfer dargebracht wurden.

     

    Woran es der Welt bedarf, ist nicht der Erhalt von Kulturen, die Menschen nach Nationalität oder Religion, nach Geschlecht, Kaste oder was auch immer abgrenzen, dadurch immer bewerten, entwerten und entmenschlichen. Vielmehr bedarf es der Bildung einer Kultur uneingeschränkter Menschlichkeit.

     

    Was dafür nötig ist: Nur die Selbsterkenntnis als Mensch. Kleinkinder können es. Bevor ihr Geist benebelt wird durch kulturelle Identifikation. Bevor diese ihre Sicht aufeinander trübt - während des "Erwachsenwerdens".

  • T
    tom

    Bitte definieren Sie Stamm!

    • D
      dasbrot
      @tom:

      Gerne, ein Stamm ist der massive Korpus der Holzgewächse. Ein Stammesführer ist ein Führer, der diesem Korpus der Holzgewächse den Weg zeigt.

       

      Liebe taz-Redaktion, bitte sortiert die rassistischen und unsinnigen Begriffe von dpa-Pressemitteilungen aus anstatt sie unreflektiert eins zu eins zu übernehmen. Vielen Dank!

  • AU
    Andreas Urstadt

    Abweichende Rechtsauffassungen gibt es hier auf dem Land auch (vgl Einstufung Opferberatung von Polizei aus wird oefter in Stadt bzw groesseren Staedten ausgesprochen - sich auf dem Land verraten und verkauft vorzukommen passiert wesentlich oefter).

     

    Gemeingueltige Gleichheitsgrundsaetze werden ausgehebelt, regionaler Habitus ueber Gleichheit im gesamten Rechtssystem eines Staates gestellt, passiert dito in Deutschland.

     

    Passiert jedoch auch in Grossstaedten in entsprechender Konstellation unterschiedlicher Akteure. Wer mit wem gleich ist, Gesetze werden dabei ausser Kraft gesetzt. Wer nicht der Gleichheit entspricht, wird betrogen. Siehe die Ortsvorsteher in Indien vs deren Opfer.

     

    Vor allem wurde auf jeden Fall das Rechtssystem mit missbraucht und vergewaltigt. In welchem Krankenhaus das liegt, wird nicht erwaehnt. Die Genesungschancen vor Ort duerften mau sein.

  • M
    Mirreichts

    Dafür braucht es Stammesführer? Diese Dumpfbacken kommen auf kein anderes Ergebnis? Sie benehmen sich wie der letzte Dreck und das System unterstützt sie. Weil Männer Männer sind dürfen sie Frauen benutzen. Widerlich!

  • E
    emil

    schon widerwärtig dieses patriarchat. bestrafung durch männliche penetration. bloß nicht vergessen, dass es genau dieser geist ist, der auch uns allen innewohnt.

    • @emil:

      Mir nicht!

    • HW
      herr wundert sich
      @emil:

      welcher geist nochmal ?

  • N
    nok

    Ich denke, nur die Frauen haben das praktische Potential die ganze indische Gesellschaft zu ändern und dass sie langsam motivierter werden.