Doping in Russland: Gefälschte Laborberichte?
Die russische Doping-Agentur hat vermutlich Berichte manipuliert, um Doping zu verschleiern. Russland hat drei Wochen, um die Vorwürfe auszuräumen.
![Juri Ganus bei einer Pressekonferenz. Er hält ein Papier hoch. Juri Ganus bei einer Pressekonferenz. Er hält ein Papier hoch.](https://taz.de/picture/3693744/14/Juri_Ganus_26032019_imago_Itar_Tass.jpeg)
Drei Wochen Gnadenfrist haben die Russen von der Welt-Anti-Doping-Agentur erhalten. In Tokio fällte das Exekutivkomitee der Wada am Montag die Entscheidung. Genau an dem Ort, wo die Russen nächstes Jahr im August bei den Olympischen Spielen unbedingt wieder unter ihrer Fahne starten wollen. Aber ihre Teilnahme am weltweit größten Sportfest ist gefährdeter denn je.
Am Wochenende wurde bekannt, dass der Datensatz aus dem Moskauer Labor, welcher der Wada Anfang des Jahres zur Verfügung gestellt wurde, Manipulationen enthalten soll. Wenn sich der Fälschungsverdacht bestätigt, dürfte die Wada die Russische Anti-Doping-Agentur (Rusada) erneut suspendieren. Mit der Aufhebung der Suspendierung im September 2018 war die Wada sehr in die Kritik geraten, weil die Rusada zum damaligen Zeitpunkt ihre Versprechen gar nicht eingelöst hatte.
Dazu zählte unter anderem die Herausgabe der Doping-Testdaten und -Proben der Jahre 2012 bis 2015. Nach der ersten Durchforstung des Materials teilte die Wada im Juni mit, nun gegen etwa 300 verdächtige russische Athleten zu ermitteln. Einzelne Sportler – etwa bei den Gewichthebern – wurden vorläufig gesperrt. Dass die Moskauer Daten möglicherweise manipuliert worden sind, um ein noch größeres Ausmaß der Vergehen und der Anzahl der Doper zu verschleiern, könnte die Wada anhand von Kopien der Labordaten erkannt haben. Sie waren der Wada von einem Whistleblower zugespielt worden.
Der Rusada und dem russischen Sportministerium sind nun wiederum Kopien der jüngsten Wada-Berichte zur Verfügung gestellt worden. In den Dokumenten seien „die fraglichen Widersprüche aufgeführt. Sie erhielten drei Wochen Zeit, um ihre Kommentare abzugeben, zusammen mit Antworten auf eine Liste mit spezifischen Fragen“, heißt es in einem Statement der Wada.
Bei der Leichtathletik WM in Katars Hauptstadt Doha, die am Freitag beginnt, dürfen 29 Leichtathleten aus Russland lediglich unter neutraler Fahne an den Start gehen. Diese Regelung gilt seit den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro auch für andere internationale Wettkämpfe wie WM und EM.
Jetzt heißt es warten
Spekulationen, was passieren wird, wenn in den nächsten drei Wochen die Russen den Manipulationsverdacht nicht entkräften sollten, wollte Alexej Iwljew, der Chef des Aufsichtsgremiums der Rusada, am Montag nicht kommentieren. Dafür sei es noch zu früh, sagte er. Auch die russische Regierung reagierte zurückhaltend. „Die Wada hat eine Reihe von Fragen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Jetzt müssen wir einfach warten.“
Möglicherweise stehen die politischen Verantwortungsträger in den nächsten Wochen besonders im Blickpunkt. Juri Ganus, der neue Rusada-Chef, sagte vergangene Woche gegenüber der Nachrichtenagentur Tass, ein Problem sei das Eingreifen „einer übergeordneten Behörde“. Es gäbe Leute, die seine Arbeit behindern. Namentlich nannte er Sportminister Pawel Kolobkow.
Auch das Council des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF beriet am Montag in Doha über die seit November 2015 bestehende Suspendierung des russischen Verbandes. Dass die Sperre vier Tage vor WM-Beginn aufgehoben wird, ist erst recht nach der Wada-Entscheidung unwahrscheinlich. Die Sitzung war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. (mit dpa)
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