Doping in Russland: Dabeisein ist alles

Nach dem Wada-Bericht geriert sich Moskau als Opfer. Putins Sprecher Dmitri Peskow will die Olympioniken mit allen Mitteln verteidigen.

Russlands Sportminister Witali Mutko

Er bezeichnete die Untersuchung als eine Farce: Russlands Sportminister Witali Mutko Foto: ap

MOSKAU taz | Alexander Schukow, der Vorsitzende des Russischen Olympischen Komitees, schien am Montag nach dem Bericht der Welt-Antidoping-Agentur Wada noch etwas erleichtert. Dass die Agentur keine Empfehlungen abgegeben hatte, Russlands Athleten von den Olympischen Spielen auszuschließen, wertete der Sportfunktionär als Hoffnungszeichen. Eine halbe Stunde später lag ebendiese Empfehlung unterdessen vor.

Der McLaren-Bericht enthielt keine unerwarteten Neuigkeiten. Die Überwachung des Doping-Systems durch den russischen Geheimdienst und die Organisation durch das Sportministerium waren bereits bekannt. Wenn Sportminister Witali Mutko nicht direkt beteiligt war, so war er doch im Bilde. Er bezeichnete die Untersuchung als eine Farce. Die Drecksarbeit musste der stellvertretende Sportminister Jurij Nagornych erledigen. Die Wada forderte am Montag erstmals den Rücktritt Witalij Mutkos.

Die früheren Angaben zum offiziellen Doping-Modus stützten sich allein auf Aussagen Grigorij Rodtschenkos, des russischen Laborleiters, der Ende 2015 in die USA floh. Die zusätzlichen Angaben des Berichts stellten russische Beobachter dennoch nicht zufrieden. Die Beweislage bleibe dünn, so der allgemeine Tenor. Die Eisschnellläuferin Olga Graf sagte: „Ich bin schockiert, es gab keine konkreten Fakten“. Gegenüber dem russischen Sender Rossija24 meinte sie, bei den Olympischen Spielen in Sotschi hätte sie den Eindruck gehabt, vor allem russische Sportler seien getestet worden.

Der Sender suggerierte überdies, dass die Aufregung um die Olympiateilnahme den Athleten übel mitspiele und sie schwäche. Sollte Russland an den Spielen teilnehmen, aber nicht siegen, gäbe es schon einen Erklärungsansatz.

Anklage wegen Verleumdung

Auch die Goldmedaillengewinnerin von Turin im Eisschnelllauf, Swetlana Schurowa, stellte die Arbeit der Wada in Frage: Wieso habe die Agentur erst zweieinhalb Jahre nach dem Spielen in Sotschi auf die Anschuldigungen reagiert. Schurowa sitzt in der Duma und ist für Sport verantwortlich. Andere Duma-Abgeordnete verlangten überdies, Grigorij Rodtschenko in den USA festzunehmen oder auch Berichterstatter Maclaren wegen Verleumdung anzuklagen.

Auch Putins Pressesprecher bewegte sich im Rahmen dieses verschwörungstheoretischen Erklärungsmodells. Der Kreml trete entschieden gegen eine Politisierung des Sports auf, sagte Dmitrij Peskow. Darüberhinaus versprach er den Athleten, das ganze „Arsenal von Mitteln“ zur Verteidigung der russischen Olympioniken zu aktivieren.

Inzwischen geht es nicht mehr um den Sieg, lediglich um die Teilnahme, die Einlösung des olympischen Grundgedankens. Dabei sein ist alles. Moskau wird Verletzungen und Betrug nie zugeben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.